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Perpetuum, Anu Theater

Perpetuum, Anu Theater



Eine Welt ohne Mühsal

Wenn Energie ohne Beschränkung zur Verfügung stünde, wie würde sich die Welt und unser Leben dann verändern? Diese höchst aktuelle Frage stellt sich das Anu Theater in seiner neuesten Produktion. Anlass dafür war ein Auftragswerk für die Stadt Bad Karlshafen, in der einst ein Forscher Pläne für ein Perpetuum Mobile entwickelte. Wenn diese Pläne nun umgesetzt und tatsächlich funktionieren würden? Das Anu Theater Ensemble spielt diese Fantasie exemplarisch auf dem Tempelhofer Feld nach. Hier, wo tatsächlich reichlich Raum für neue Lebenskonzepte Platz vorhanden ist, wirkt diese Inszenierung sehr passend.
So geht es in fünf Stationen hinein ins Gedankenexperiment. Ein Forscher des Vereins der Freunde des Perpetuum erklärt die Funktionsweise, die er aber gleichzeitig in Frage stellt. Ein neuer Bewohner der Stadt erklärt die Aufnahmeprozedur, die darin mündet, dass jeder der Aufgenommenen zum Schluss in seiner eigenen Blase lebt, die durch riesige Ballons symbolisiert wird. Ein Wissenschaftler versucht zu einem neuen Universalgenie zu werden, indem er sich die Bücher, die alles Wissen enthalten, direkt an seinen Leib schnürt, was aber nur seine Unbeweglichkeit zur Folge hat. Mit diesen Büchern führt er danach ein praktisches Experiment durch: Kann ein kleines Ereignis große Folgen haben und damit eventuell doch ein Perpetuum möglich machen? Dazu stellt er die Bücher in einer Reihe auf, wobei das erste 2 Zentimeter und das letzte etwa 2 Meter groß ist. Und tatsächlich: Als er das kleinste anstößt, kippt wenig später auch das Größte um.
In einer neuen Welt der unbegrenzt verfügbaren Energie wären natürlich auch dem Einsatz der Künstlichen Intelligenz keine Grenzen mehr gesetzt. So tritt ein weiblicher Roboter in den nächsten Station auf und demonstriert die Folgen. In Menschengestalt stellt sie dem Publikum Fragen und fordert sie zur Entscheidungen auf. Doch kleine Störungen in der Netzversorgung führen immer wieder zu Ausfällen, die deutlich machen, wie anfällig dieses System sein könnte. Ist es überhaupt wünschenswert in einer Welt, die alle Bedürfnisse erfüllt, leben zu wollen? Dieser Frage gehrt die Gierige der letzten Station nach. Sie hat Hunger. Doch wonach, weiß sie eigentlich selbst nicht mehr. Denn alles ist in dieser neuen Welt doch ohne Mühe erreichbar. Alle Wünsche werden sofort erfüllt. Doch macht nicht gerade die Gier nach dem Neuen und bisher Unerreichbaren den Menschen aus? Was hat er noch für Ziele, wenn die Gier wegfällt?
So stellt das Theater Anu diesen Sommer auf dem Tempelhofer Feld überaus spannende Fragen, die zum Nachdenken über unseren Hunger nach Energie, Gewinn, unbegrenzten Möglichkeiten und deren Erfüllung anregen. Wie immer gestaltet das Ensemble dabei Teile des Openair-Geländes mit aufwendigen Lichtarrangements, fantasievollen Bühnenbildideen und ködern die Zuschauer mit viel Spielwitz. Ein anregender und unterhaltsamer Theaterabend.
Birgit Schmalmack vom 7.8.19

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