Tropfen auf heiße Steine, DT

Tropfen auf heiße Steine, Deutsches Theater


Emotionale Eruptionen

Leopold (Bernd Moss) ist gefangen in seinen Vorstellungen. Zuckend, Hände reibend, Grimassen schneidend, Kopf schüttelnd, so sitzt er in seinem schwarzen Anzug in seinem völlig schwarzen Raum. Weiß geschminkt ist sein Gesicht, dunkle Ringe umgeben seine Augen. Immer enger und enger wird es um ihn herum. Die Wände scheinen sich auf ihn zu zu bewegen und seinen Raum noch einschnürender zu machen. Der Tisch und die zwei Stühle werden bis in die Mitte des kleinen Zimmers von den einklappenden Wänden geschoben.
In diese Enge hat Leopold sich einen jungen Mann mitgebracht. Franz (Daniel Hoevvels) ist seiner Einladung gefolgt. Neugierig ist er auf den älteren Mann, der ihn einfach angesprochen hat. Auch wenn er derweil seine Verlobte Anna (Natali Selig) versetzt. Sie landen im Bett und Franz zieht bei Leopold ein. Alsbald hat er die Stellung von Leopold Ehemaliger eingenommen: Er führt ihm dem Haushalt und ist seinen Launen in völliger Abhängigkeit ergeben. Als Anna vorbeikommt um ihn zurück zu holen, erliegt auch sie der Faszination dieses erfolgreichen Geschäftsmannes. Dass dieser seine Verflossene Vera (Franziska Machens) mitgebracht hat, erschafft eine Menage a quatre, die schnell zu eskalieren droht.
Regisseur Philipp Arnold wollte sich bei seiner Inszenierung des Fassbinder-Stückes von der Vorlage des gleichnamigen Filmes von François Ozon unabhängig machen und hat ihm eine ganz neue Form gegeben. Die Personen werden zu Maskenträgern in ihrem eigenen Leben. In schwarz-weißer Anzug-Verkleidung sind sie ihrer Individualität und Körperlichkeit enthoben. Sie genügen äußerlich einer Form und sind um so mehr ihren Emotionen ausgeliefert, die sie nicht kontrollieren oder kanalisieren können. Sie werden zu Spielbällen ihrer uneingestandenen Gefühle, Sehnsüchte und Begierden. Ein lebensgieriger Mensch wie Leopold setzt all ihre anerzogenen Regeln außer Kraft.
Arnold hält sich jedoch nicht lange mit Beziehungsanalysen auf. Er zeigt nicht den langsamen Aufbau der Emotionen sondern karikiert deren Eruptionen. So werden die psychologisch spannenden Momente hinter einem theatralen Maskenspiel versteckt gehalten. Arnold gibt sich als Regisseur (leider) nicht klüger als seine Figuren selber.
Birgit Schmalmack vom 10.4.17



Zur Kritik von

 
 
 


Lesbos, DT
Berlin-Frühjahr-Special 2017

Druckbare Version