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Fünf dunkle Gestalten sitzen am Rand und beobachten mit unbeweglicher Miene das Geschehen in der Mitte. Nur ihre Gesichter sind zu sehen, ansonsten sind ihre Körper unter ihren langen Umhängen nur zu erahnen. Ihre Individualität scheint ausgelöscht. Sie sind eine Masse. In ihrer Mitte stehen aber zwei einzelne Frauen (Bella Boldt, Ingjerd Solheim). Mit nackten Armen und Füßen und weit schwingendem Rockhosenensemble, eines in weiß, das andere in schwarz. Ihre Haare sind offen. Ganz behutsam nehmen sie Kontakt zueinander auf, berühren sich fast zärtlich an Gesicht und Armen, bis sie schließlich zu einem weit schwingenden ausgelassenen raumgreifenden Tanz auf der Bühne herumtollen. Doch immer wieder mischen sich auch zuckende Bewegungen unter ihren Tanz. Dann scheinen sie sich gegen manches wehren zu müssen, was sie nicht selbst kontrollieren können. Als sie die Bühne verlassen, übernehmen die dunklen Frauengestalten den Raum. Zunächst positionieren sie sich wie Felsen in der nebelgeschwängerten Bühne. Doch dann erheben sie sich einer nach der anderen zu wild zuckenden zitternden Wesen, Schließlich breiten sie wie große Vögel ihre mit den schwarzen Tücher behängten Arme. Sie werden in der Gemeinschaft sicherer und nehmen nun die ganze Bühne ein. Als sich eine der beiden Frauen vom Beginn alleine unter sie auf der Bühne mischt, wird sie von ihnen umringt, unter ein Kopftuch gezwängt und schließlich niedergerungen. Haben sie etwa den Sieg erzielt? Ihre weiß gekleidete Verbündete ergreift voller Anspannung, Mut und Energie die Initiative und setzt zu ihrem Befreiungstanz an. Sie zieht sich quasi an ihren eigenen Haaren aus dem Sumpf der Unterdrückung und behauptet sich in all ihrer Weiblichkeit. Bis sie zum Schluss eine Schere nimmt und sich eine Strähne ihrer langen offenen Haare abschneidet. Da kommen die anderen Frauen mit auf die Bühne und eine nach der anderen wagt es, ihr Kopftuch abzureißen und voll neuer Energie und Kraft ausgelassen zu tanzen. Sogar zu traditioneller Musik, auf offener Bühne. Den Soundtrack dazu gibt die Musikerin Atena Eshtiaghi an ihrem Cello und Soundpult vor. Vom insgesamt ausdrucksstarken Ensemble beeindruckt besonders Ingjerd Solheim mit ihrem Tanz, der eine Unbedingtheit ausstrahlt, die in jedem Moment gefangen nimmt.
Der Choreograph Babak Radmehr, der in Hamburg lebt, hat mit seinem multikulturellen Ensemble das Erheben der Frauen in seinem Heimatland Iran auf die Bühne des Sprechwerks gebracht. Es wird ein eindringliches und eindrucksvolles Statement für die Freiheit der Frauen. Im Sprechwerk fliegen zum Schluss alle Kopftücher von der Bühne auf das Publikum zu. Der Abend ruft den Kampf der Frauen (und Männer) im Iran, der nach dem Tod von Mahsa Amini auf allen Nachrichtenkanälen zu verfolgen war, wieder in Erinnerung. Er ist nicht vorbei, auch wenn er in Deutschland allzu schnell von anderen Problemfeldern abgelöst worden ist.
Eindeutiges Fazit: spannende Musik, tolles Ensemble, kraftvolle Bewegungssprache und eine klare Botschaft.
Birgit Schmalmack vom 1.3.24
Abbildung: Uprising bodies, Sprechwerk - ŠParichehr Bijani
mopo |
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