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Wie eingefroren scheint die Zeit zu sein. Zuerst ein Stillleben. Dann Slow Motion. Zu Beginn empfängt die Zuschauer ein merkwürdiges Bild. Das Still einer Familie, die sich um ein Bett herum gruppiert hat. Während die Eltern Arm in Arm in diesem liegen, sitzen die Kinder zu ihren Füßen, die Chipstüten und Spielutensilien wild verstreut. Nur ein Kind liegt weit entfernt mit verrenkten Armen und Beinen wie tot auf dem Boden, scheinbar unbemerkt von den anderen.
Die Bühne ist ein weißer Kasten, dessen Wände sich wie von Zauberhand öffnen und schließen können. Wie in Zeitlupe bewegen sich die beiden eingelassenen Darstellerinnen über die Bühne. Die Nöte eines Teenagers, der sich von seinen Eltern ungeliebt fühlt, werden in diesem Raum zur imaginierten Wirklichkeit, die sich jeder Messung an den Tatsächlichkeiten verweigert. In Gisele Viennes Inszenierung auf Kampnagel werden die Gedanken eines Jungen, der sich als Außenseiter seiner Familie wähnt, auf der Bühne zum Leben erweckt. Seine Fantasien laufen buchstäblich durch den Raum. In dem Jungen reift ein Plan: Was wenn er einfach verschwinden würde, wenn er sich selbst im Teich ertränken würde? Würden dann endlich die Erwachsenen seine Existenz mit der ersehnten Aufmerksamkeit würdigen können?
Robert Walser hat diese jugendlichen Todesfantasien in eine kleine Kurzgeschichte gebracht. Da sie auch autobiographische Züge trug, blieb sie lange Zeit unveröffentlicht. Jetzt zeigt sie Gisele Vienne auf dem Sommerfestival. Als inneren Monolog des Jungen, dem die Gedanken der Erwachsenen gegenübergestellt werden. Die beiden Schauspielerinnen spielen diese inneren Gespräche mit unterschiedlichen Intonationen, während sie sich wie aus der Zeit gefallene Marionetten, die von den Gedanken des Jungen geführt werden, über die Bühne bewegen. Mit einem Soundtrack wie aus einem Film Noir, wird die Stimmung mit bedrohlichen Tönen geschickt steuert. Eine intensive eindrückliche Arbeit der französischen Theatermacherin, die nach ihrer Slow-Motion.Choreographie "Crowd" von 2018 zum zweiten Mal auf Kampnagel zu sehen war.
Birgit Schmalmack vom 19.8.21
Abbildung: Der Teich, Kampnagel - Foto: Estelle Hanania
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