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Der Abschlussabend der “Radical Mutation” machte den Abschied von zwölf Tagen prallen Programms schwer. Der Titel des Abends – “Recovery - The Ways in Which We Change in Struggle“ – machte deutlich warum es ging. Um Veränderung und dem Kampf dafür. Den hatten sich die Organisatorinnen Tmnit Zere, Nathalie Anguezomo Mba Bikoro und Saskia Köbschall auf die Fahnen geschrieben.
Er zeigte einen Zusammenschnitt zweier Performances von ZOE und Mandhla aus der deutschen Ballroom- und Voguing-Szene, gefolgt von einem Auftritt der Schauspielerin und Comedienne Thelma Buabeng mit der Musikerin Celina Bostic.
Über die Leinwand laufen Sprüche aus Internet-Chats, die deutlich machen, wozu "man" sich gerne des schwarzen Körpers einer Transfrau bedienen will. Im Film sieht man die Performer*in Mandhla, die diesen Projektionen schutzlos ausgeliefert ist und sich gleichzeitig bemüht, sich für ihren Anspruch auf gleichberechtigte Sexualität stark zu machen. Und gespiegelt bekommt, dass sie es nicht wert sei, respektvoll behandelt zu werden.
Verborgen unter einer Hülle aus schwarzem Tüll schwebt dann ZOE wie ein Vogel vor die noch flimmernde Leinwand. Als sie sich von dieser Hülle, die sie einerseits schützt und andererseits inszeniert, befreit hat, wird sie zu einem Vierfüßler, der auf dem Boden kriecht. Bis sie sich aufrichtet und ihr Gesicht zeigt, braucht sie Zeit um alles Belastende von sich abzuschütteln. Danach findet sie endlich die Kraft sich an ihrem eigenen Schopf nach oben zu ziehen, sich gerade zu machen und erhobenen Hauptes die Bühne zu verlassen.
Ganz anders war der künstlerische Ansatz der nächsten Künstler*innen. Thelma Buabeng ist bekannt aus ihrem YouTube Kanal „Don't tell me from the horse“. Zusammen mit der Musikerin Celina Bostic gestaltete sie ihre gewitzte Show im HAU. Sie schlüpft in zwei Rollen um ihre Zuhörerinnen aufzurütteln. Zuerst als Predigerin Gladys und dann als Berliner Rapperin Mary-Jo. Mit ungeheurer Energie und komödiantischen Talent animierte sie das Publikum über „Horsts“ Politik und das eigene Verhalten in Coronazeiten nachzudenken.
So gingen "Radical Mutation" mit insgesamt 72 Künstlern zu Ende, die schwarze Geschichten und schwarze Kunstwerke auf die Bühne brachten. Heilung, Erholung und Veränderung waren die Themen. Von der festen Basis eines Selbstbewusstseins der eigenen Wurzeln einen gleichberechtigten Platz in der Mehrheits-Gesellschaft für sich zu reklamieren und damit diese zu Veränderungen zu bewegen, ist das Ziel.
Die Intendantin des HAU Annemie Vanackere bekundete zum Schluss: “Zwar ist das Festival nun zu Ende, aber die Gedanken werden im Haus bleiben und weiter wirken.“
Birgit Schmalmack vom 6.10.20
Abbildung: Radical Mutation - Tmnit Zere und Nathalie Anguezomo Mba Bikoro