Dreamer, Theater Anu

Dreamer, Tempelhofer Feld

Freud hätte seine Freude gehabt

Das Feuer wütet. Die orangenen Flammen züngeln in der Projektion auf den menschengroßen Stoffdreiecken, die die Schauspieler halten. Das Feuer hat das Dorf zerstört. Als wenn das die Dorfbewohner nicht schon genug strapaziert hätte; es hat auch die eingesperrte Bestie, die im Gefängnisturm sicher verwahrt war, befreit. Die Dorfbewohner sammeln sich unter der Führung der Mutter (Bille Behr) zur Jagd. Denn die Bestie muss wieder eingefangen werden, um die Sicherheit des Dorfes zu gewährleisten. Doch die Dorfbewohner werden einsehen müssen: Jeder trägt das Wilde in sich. Das Wegsperren, die Abspaltung oder die Verleugnung schützen sie nicht vor dem Fremden.
Die Zuschauer der Theaterinstallation des Theaters Anu auf dem Tempelhofer Feld werden aktiv in die Aufklärungsjagd mit einbezogen. Sie werden in Gruppen eingeteilt und zu den einzelnen Stationen der Suche geleitet. Sie sehen rätselhafte Bilder, sie erleben mysteriöse Szenen, sie werden Zeugen von sinnlichen Begegnungen voller Fragen und Überraschungen. Der künstlerische Leiter Stefan Behr des Theater Anu spielt mit mythologischen und tiefenpsychologischen Anklängen. Dass den Darstellern im Verlauf des Abends Schwänze wachsen, darf man wohl durchaus auch sinnlich-erotisch verstehen. Es fallen Begriffe wie Schuld, Opfer, Götter, Ich und Es. Dass sie vom Theater Anu in ein poetisches Openair-Event, lockeres Mitmachtheater und aufwändiges Lichtspektakel eingewoben werden, ist ein mutiger, innovativer und interessanter Inszenierungsansatz.
Nachdem die Dorfbewohner endlich die Bestie gefunden und wieder mit Hilfe der Zuschauer eingefangen haben, müssen sie erkennen, dass nicht nur der Wilde sondern auch sie Schwänze haben. Als sie sich die ungeliebten Beweise ihrer Wildheit kurzerhand abhacken, werden sie alle zu Stummelhäschen, die stumm über die Wiese hoppeln. Sie versammeln sich vor einem riesigen aufblasbaren weißen Hasen, den sie als ihren Gott anbeten. Ganz zum Schluss stellt sich jedoch heraus: Alles nur ein Traum! Der Sohn (Markus Moiser) hat im Schlaf all diese Geschöpfe erfunden. Freud hätte seine Freude an diesem Traum gehabt!
Birgit Schmalmack vom 14.8.18



Richard III, Gretchen
Trois Grandes Fugues, Berliner Festspiele

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