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Maidorf 2.0.
Die Konstruktion von Gemeinschaften
Wie entstehen Gemeinschaften? Wie reagieren sie auf äußere Einflüsse? Wie offen sind sie? Wie grenzen sie sich nach außen hin ab? Wie verändern sie sich? Wie beharrend sind sie?
Diesen Fragen geht Franz von Strolchen mit seinem Künstlerensemble (Jens Burde, Marlene Hausegger, Simon Janssen, Laura Landergott, Cornelius Puschke) in ihrer Arbeit "Maidorf 2.0" nach, das im Rahmen der Altonale in Zusammenarbeit mit dem Lichthof in einer Altonaer Lieferhalle gezeigt wurde. In dem fiktiven Dorf Maidorf kauft sich ein neureicher Optiker ein. Ihn interessiert nicht die Dorfgemeinschaft, sondern nur seine neu erworbene Villa, die er mit teurem Prunk und aufwändigem Kitsch herausputzen will. Der Zusammenhalt, auf den die Maidorfer so stolz sind, ist ihm völlig egal. Während die Villa immer mehr Gold und Marmor verpasst bekommt, zeigen sich jedoch Risse in der viel beschworenen Dorfgemeinschaft. Da wird jemand tot aufgefunden, da verschwindet ein anderer, da trennt sich plötzlich ein Paar, da verunfallt jemand, weil das Bremskabel seines Autos durchgetrennt wurde.
Während Kenneth Huber im glitzernden Goldhemd über die Geschichte von Maidorf in scheinbar größter Objektivität Bericht erstattet, schrauben die übrigen Performer des Künstlerkollektivs aus Baulatten ihre Villa live zusammen. Immer verrücktere Formen nimmt das Fachwerkgebilde an und trägt dennoch seine Erbauer, wenn sie auf ihm in die oberen Etagen klettern. Als die Stichsägen anfangen zu kreischen, um aus der Rückwand der Lieferhalle die Dachplatten passgenau herauszuschneiden, ist der Berichterstatter nicht mehr zu verstehen. Ein toller Effekt, der die Überflüssigkeit und Vergeblichkeit der Verschönerungsaktionen des Villabesitzers sofort deutlich macht.
Zum Schluss werden die Zuschauer zu einer Gemeinschaft: Sie sollen die neue Villa als Symbol ihres Zusammenhaltes in die Öffentlichkeit tragen. Von der Anlieferungshalle des Rewe-Marktes in der Max-Brauer-Allee geht es gemeinsam unter Straßenschildern und Bäumen hindurch bis zum Platz der Republik.
Ein Theaterabend, der mit wohltuender Unaufgeregtheit dazu verführte über romantische Klischees von idyllischen (Dorf-)Gemeinschaften nachzudenken. Die Widerhaken in der Geschichte von Christian Winkler verwehren sich zum Glück den einfachen Antworten und machen den Abend umso spannender.
Birgit Schmalmack vom 26.6.17
Abbildung: Maidorf auf der Altonale - Franz von Strolchen
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