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Am Rande der Gesellschaft
Der Baron trinkt Champagner. Wie früher zelebriert er seinen Reichtum, doch er hat ihn schon lange verloren. Er ist im Nachtasyl für die Aussortierten angekommen. Wie all die anderen. Wie die Tuberkulose-Kranke, die die Tage und Nächte durchhustet. Wie ihr Mann, der sich schon lange ein schnelles Ende für sie wünscht. Wie das frustrierte Ehepaar, das sich gegenseitig auf die Nerven geht. Wie der Schauspieler, dem der Alkohol das Hirn weggefressen hat. Wie der Dieb, der seine Intelligenz dafür verwendet alles Illegale zu organisieren. Alle träumen sich weit weg und haben doch schon alle Hoffnungen auf eine Veränderung aufgegeben. So lange bis Natascha, die Schwester der Nachtasylinhaberin, den neuen Bewohner des Nachtasyl auf dem OBI-Regal hereinschiebt. Wie eine neue Ausgabe von Garfunkel hat er einen Auftritt wie ein Popstar. Mit dem frustrierten Ehemann intoniert er sogleich einen perfekte Imitation von "Brigde over troubled water". Er hat für alle einen weisen Ratschlag parat: Er interpretiert seine eigene Randständigkeit als Freiheit und versucht auch die anderen davon zu überzeugen, dass sie die Gesellschaft nicht über ihren Wert bestimmen lassen dürfen. Er nimmt auf den Paletten am rechten Rand der Bühne Platz und hält seine kleine Predigten. Die anderen blicken zum auf, zu gerne würden sie ihm glauben. Doch die Nachtasylbesitzer stören sich bald an seinem Einfluss und fordern ihn auf das Asyl zu verlassen. Selbst hier sind eigenständige Gedanken nicht gefragt.
Aus dem Hamburger Arbeitsmarkt Aussortierte, die sich in der Initiative Mok Wat zu einem Ensemble zusammen gefunden haben, sind die Darsteller in Evgeni Mestetschkins und Walter Reynolds Inszenierung von Maxim Gorkis Nachtasyl, das im Rahmen der Altonale im OBI-Baumarkt in der Ruhrstaraße aufgeführt wurde. Den Regisseuren gelingt es wunderbar, die zahlreichen Talente der Schauspieler zur Geltung zu bringen. Ob es das Singen, das Tanzen, das Spielen das Posen oder das Musizieren ist. Alle bringt das Team zum Glänzen. So präsentieren sich keine Randständigen sondern talentierte Menschen in schöner bunter Kleidung, die der Gesellschaft viel zu bieten haben. Endlich einmal ein "Nachtasyl", das Hoffnung bestärkt und gute Laune macht!
Birgit Schmalmack vom 1.7.17
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