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Der Titel „Jurrung Ngan-ga“ ist mit "klare Ansage" zu übersetzen. Und vor klaren Worten scheut sich dieser Tanzabend tatsächlich nicht zurück. Somit fällt er in die Kategorie von politischem Tanztheater, eine die doch eher selten auf deutschen Bühnen zu sehen ist. Doch die australische Compagnie Marrugeku unter der Leitung von Dalisa Pigram und Rachael Sawinhat ein deutliches Anliegen: Sie will mit ihrem Stück Rassismus und Polizeigewalt in Australien anprangern.
Dazu ist auf der Bühne mit zwei Metallwänden eine Art Gefängniszelle nachgebildet, die gleichzeitig als Leinwand genutzt werden kann. Denn die Überwachungskameras sind hier ständige Begleiter der Tänzer:innen. Doch sie wissen dieses Mittel im Laufe des Stückes für ihre eigenen Zwecke umzuwidmen. Sie sprechen direkt in die Kamera von ihren Erfahrungen, Bekenntnissen, Hintergründen und Forderungen. Doch auch ihre Körper sprechen eine deutliche Sprache. Ihre Bewegungen drücken Ohnmacht, Verunsicherung und Aggressivität aus. Mit ihren zu Schlägen ausholenden Armen erzählen sie von einer Gesellschaft, die so ihre ständige Wehrhaftigkeit unter Beweis stellen muss.
War der Ausgangspunkt der Arbeit zunächst die Gewalt und Unterdrückung speziell der indigenen Bevölkerung Australiens, so weitet sich der Blick im Laufe der Arbeit auf die der Asylsuchenden und Inhaftierten auf den Manus-Inseln und mündet schließlich in der These, dass beides denselben Ursprung hat: in der zutiefst rassistischen Gesellschaftsstruktur Australiens, die immer noch in dem kolonialen Denken der britischen Eroberer fußt. Das wird immer dann deutlich, wenn die Kronleuchter von der Decke gelassen werden und die europäische Kultur als Bild einer vermeintliche Kulturidylle Einzug in das Leben der First Nation halten soll. Zum Schluss liegen sie erschlafft auf dem Boden. Denn die transidente Performerin hat in einer beeindruckenden Selbstermächtigungsszene alle Unterdrückten zu einer aufbegehrenden Community geformt und sie zu einem gemeinsamen Kampf mit dem Schlachtruf "Das ist Australien!" aufstehen lassen. Manchem mag das zu plakativ in sonst so durchgeistigten und verschlüsselten Tanztheaterkanon sein, aber das Hamburger Premierenpublikum riss die Arbeit zu Standing Ovations hin.
Birgit Schmalmack vom 19.8.22
Abbildung: Marrugeku, Straight Talk - Prudence Upton