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Wer das Stück „Terror“ im Deutschen Theater in Erinnerung hat, kommt mit falschen Erwartungen für den Nachfolgetext von Ferdinand von Schirach ins Berliner Ensemble. „Gott“ ist schon von seiner Anlage wesentlich weniger spektakulär. Hier ist das Setting nicht eine Gerichtsverhandlung sondern die Sitzung eines Ethikrates. Und zwar zu der Frage: Unter welchen Umständen darf Sterbehilfe geleistet werden?
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes im Februar ist einiges geklärt, aber manches andere noch offen. Das Gericht hat die Beihilfe zum Sterben zwar grundsätzlich erlaubt, aber die damit die letztliche Verantwortung den ausführenden Ärzt*innen auferlegt. Die ethischen Fragen sind damit ganz auf den einzelnen Menschen zurückgeworfen.
Vor dem Ethikrat wird nun der Fall von Frau Gärtner verhandelt. Sie will sterben, obwohl sie weder physisch oder psychisch krank ist. Nach dem Tod ihres Mannes sieht sie schlicht keinen Platz mehr für sich auf der Welt, obwohl sie zwei Söhne und drei Enkel hat, die sich um sie sorgen. Darf eine Ärzt*in in so einem Fall beim Sterben assistieren, indem sie der Patientin das nötige Medikament zur Verfügung stellt?
Das wird hier nun verhandelt. An der Diskussion sind beteiligt: das Ethikkommissionsmitglied Keller (Bettina Hoppe), die Verfassungsrichterin Litten (Judith Engel), der Bischof Thiel (Veit Schubert), Frau Gärtners Anwalt Briegler (Martin Rentzsch) und als Vertreter der Ärztekammer (Ingo Hülsmann).
Doch da der Fall so wenig aufregend angelegt ist, gerät auch die Anhörung weitgehend theoretisch. Dem folgt konsequenterweise die Inszenierung vom Oliver Reese. So ist das Abstimmungsergebnis am Ende des Abends auch nicht wirklich erstaunlich. Als die Frage gestellt wurde: „Würden Sie als Ärzt*in Frau Gärtner das Medikament geben?“, stimmten an diesem Abend nur 128 mit Ja und 296 mit Nein. Zwar würden sicher viele aus dem Publikum das Recht des Einzelnen nicht nur über sein Leben sondern auch über sein Sterben selbst bestimmt zu entscheiden, zwar generell befürworten, aber das Recht auf die Freiheit zur Verweigerung der Mediziner*innen ebenso hoch halten.
So interessierte dieser Abend zwar für das vorgelegte Gedankenexperiment, führte aber keineswegs zu so angeregten Diskussionen wie das Vorgängerstück „Terror“. Das lag aber auf keinen Fall an den Schauspieler*innen. Sie füllten ihre Rollen alle glaubwürdig aus. Dass dieser Abend kein direkter Auf- und Anreger wurde, ist eher der weniger emotional als vielmehr rational angelegten Textvorlage zuzuschreiben.
Birgit Schmalmack vom 16.10.20
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