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Bridge Markland + Gäste: queens + kings, AHA
Dank den Antifas!
Zum Schluss stehen sich die zwei Gruppen gegenüber: Die einen haben sich soeben in Kampftechniken oben auf dem leeren Parkdeck eingeübt, die anderen blicken ihnen ein Etage tiefer ins Auge. Getrennt voneinander wurden sie zum Parkdeck gefahren. Während die einen schon trainierten, erzählten man den anderen von der Gefährlichkeit des Gegenübers. Einer der vielen tollen Momente in dem Audiowalk, die Studio Urbanistan (Julia Lehmann, Melanie Albrecht und Clara Minckwitz) in Connewitz für die Cammerspiele arrangierten.
Der Gang durchs Viertel, mit den Berichten von Anwohnern auf den Ohren. Sie berichten, dass Gentrification ebenso Gewalt bedeuten könne wie die Besprayung der neu bezogenen Hauswände durch Graffitis. Doch ist drohender Wohnungsverlust nicht auch Gewalt? Ist dann Gewalt gegen Dinge nicht erlaubt? Sichtbar wird der Kontrast der beiden Sichtweisen beim Gang durch eine kleine Seitengasse mit nagelneuen Townhouses, von denen keines in der unteren Etage noch ihre ursprüngliche Farbe hat. "Das ist unser Kiez!" ist unter anderem zu lesen.
Eine Bewohnerin erzählt von ihren Erfahrungen, wenn die Stimmung auf Demos kippt und sich nur noch Angst ausbreitet. Wenn sich die Teilnehmer nacheinander in eine schmalen Spalte zwischen zwei Häusern drängen, wird ihr Gefühl der Umzingelung und Angst direkt nachfühlbar. Bei Netto darf man durch die Gänge streunen und einen Eindruck der Connewitzer Einkäufer gewinnen. Eine Zeitlang folgen die Teilnehmer einem Mann mit einer abgebrannten Mülltonne, ein anderes Mal einer Frau in einem beigen langen Mantel. Beim Gang durch das dämmerige Waldstück, in dem man sich abseits des Weges vereinzeln soll, wird jeder aufgefordert still für sich überlegen, was Gewalt bedeutet, dann den Nebenmensch ansehen und ihn einschätzen soll: Wann würde er Gewalt anwenden?
Ein Mal werden sie von einem Mann mit Sonnenbrille und drohendem Befehlston über den Spielplatz gescheucht. Wie sieht es mit Staatsgewalt aus? Was ist von einem Einsatz einer hoch aufgerüsteten Polizeistaffel auf einem Kinderspielplatz zu halten? Ein Gewaltforscher berichtet danach, dass es wohl der Connewitzer Antifa zu verdanken sei, dass sich hier die Neonazis nicht recht ausbreiten konnten. Dennoch gab es hier im Zuge von Legida 2016 einen Zerstörungsangriff von Neonazis, die einen ganzen Straßenzug kurz und klein schlugen. Ein Erlebnis, dass eine Anwohnerin nachhaltig ein Gefühl der Unsicherheit in Connewitz bescherte. Ein Syrer schildert dagegen, wie wohl er sich in diesem Stadtteil fühlen würde. Hier müsste er nicht dauernd hinter sich blicken. Eine Rentnerin empfindet das Gegenteil: Sie fühlt von den "Halunken", die ihren Stadtteil beschmieren, zutiefst verunsichert. Ein weiterer Wissenschaftler diagnostiziert bei einzelnen Bürgern und vielleicht sogar bei der ganzen Gesellschaft eine Angststörung. Obwohl die Kriminalitätsraten sinken, steige die Angst.
Der Spaziergang durch Connewitz vermittelte nicht nur ein Gefühl für diesen Stadtteil, führte an Orte, die selbst Bewohner so nicht geläufig waren, sondern lieferte auch Erkenntnisse über Gewaltstrukturen im Alltag und in der Gesellschaft, durch den Einzelnen, durch politische Gruppen, das Kapital oder durch den Staat. Ein spannende Performance mit vielschichtigen Erlebnissen.
Birgit Schmalmack vom 14.10.19