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Viel schöne Oberflächlichkeit
Regisseur Jean-Claude Berutti wollte die "Schöne neue Welt" entstauben, die sich Aldous Huxley 1932 als Zukunftsvision ausgemalt hatte. Zu Recht analysiert er im Programmheft, dass sich vieles von dieser Zukunft bereits erfüllt hat. Die Gleichschaltung der Menschen, die Ent-Individualisierung, der Konsumzwang, der Verlust der Familienbindung scheinen zur heutigen Gesellschaft zu passen. Gleichzeitig macht Berutti ein Streben nach Freude aus, das aber unerfüllt bleibt, das sowohl bei Huxley wie auch in unserem Alltag gegenwärtig scheint. So findet er im Altonaer Theater zu einer Inszenierung des Klassikers, die Elemente aus heutigem Alltagsleben mit Elementen aus Science Fiction und Unterhaltungsshows mischt.
Der "Wilde" John Savage (Johan Richter) aus der äußeren Zone wird von Bernard Marx in die "Schöne neue Welt" gebracht. Dort verliebt er sich in die schöne Lenina (Verena Wolfien). Doch der ist ein Gefühl wie die Liebe längst abtrainiert worden und weiß mit seinen Gefühlen nichts anzufangen. John fängt an, über die vermeintlichen Errungenschaften dieser schönen neuen Welt nachzudenken und sie in Frage zu stellen. Ein Unterfangen, auf das die Verbannung steht, wie schon sein Mentor Bernard (Sebastiian Herrmann) und dessen Mitstreiter Helmholtz (Thomas Klees) erfahren mussten.
Diese Geschichte hat eine Dramatik, die eigentlich mitreißen sollte. Doch in der Umsetzung von Berutti fällt es schwer, die Dramaturgie um Freiheit, Individualität und Gleichschaltung intensiv mitzuerleben, da er zu viele Aspekte mischt und keine klare Linie verfolgt. Die Kostüme und Perücken verorten den Plot im Science Fiction Milieu, die Unterhaltungselemente in heutigen TV-Shows und die zwischenmenschlichen Episoden im Soapstyle. John Savage bleibt uneinortbar draußen vor und so werden seine Gefühle der Verzweiflung, Enttäuschung und Desillusionierung, die ihn schließlich in den Selbstmord treiben, kaum nochvollziehbar.
Eine Szene bleibt jedoch im Gedächtnis: Wenn John Savage mit dem Obersten Mustapha Mond (Jacques Ullrich) über die Ziele der schönen neuen Welt diskutiert und dabei in eine echte, inhaltliche Auseinandersetzung gerät, zeigt sich eine Ernsthaftigkeit, von der man dem Stück mit der all seiner unterhaltsamen Zuschaustellung der Oberflächlichkeit mehr gewünscht hätte.
Birgit Schmalmack vom 22.2.18
Abbildung: Schöne neue Welt - Foto: G2 Baraniak
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