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Die Unsterblichkeit der Fantasie
Es geht, um Liebe, um Träume, um Unsterblichkeit, um Unterdrückung und um Macht. Die großen Themen des Lebens werden in dem surrealen Theaterfantasien eines Andrey Mogutchiy und Maxim Isaev alle zugleich angesprochen. Dazu bedienen sie sich einer Bildervielfalt, die schier überwältigt. Und sparen gleichzeitig nicht mit dem wertvollsten, was Theater zu bieten hat: Mit hervorragender Schauspielkunst, die zu Herzen gehen vermag. So steht im Mittelpunkt ihrer Untergangsszenarien eine Frau: Maria, eine ehemalige Zirkusartistin. Ihre große Liebe Anton ist seit 20 Jahren bewegungsunfähig ans Bett gefesselt. Doch jetzt sehen sie beide ihre große Aufgabe gekommen und Anton mobilisiert seine letzten Kräfte: Sie wollen den neuen Usurpator, der den mit den großen Spektakeln im Circo Ambulante sein Volk ruhig stellen will, beseitigen. Ein Ziel, für das auch seine Frau wieder auftreten will, wenn auch nur dieses eine Mal.
Doch bis sie in der Zirkusarena angekommen sind, lernt der Zuschauer erst einmal Marias Arbeit im Fleischkombinat kennt, erlebt wie es in die Luft fliegt, sieht wie die neuen Herrscher mit Waffengewalt die Macht übernehmen und lernt den unfähigen, vom Unsterblichkeitswahn besessenen Diktator kennen. Die Bühnenausstattung sprüht über vor Einfallsreichtum. Die kupferfarbenen Schlote zeugen auf ihrer Vorderseite mit ihren giftigen ausströmenden Dämpfen von einer Endzeitstimmung und zeigen nach einer 180 Grad-Wendung, dass die Menschen in ihnen leben müssen. Dann werden sie zu Einrichtungsgegenständen ihrer Wohnungen und Arbeitsplätze. Dumpfes Donnerdröhnen, schrilles Pfeifen oder schnelle Marschmusik markieren die jeweilige Verwandlung. Gehen die Menschen in die vermeintliche Natur, legen sie Gasmasken und Gummianzüge an. Jeder mag die kritischen historischen und heutigen Anmerkungen erkennen, die er zu sehen glaubt. Der eine erkennt in dem Herrscher die Großmannssucht Putins, der andere die Auswirkungen der Umweltkatastrophe Tschernobyl, der nächste die Beschränkungen durch sozialistische Arbeitsverhältnisse. Ein raffiniertes Theaterspektakel der hintergründigen Art.
Birgit Schmalmack vom 12.2.13
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