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Der Anti-Realitst
Quijote, der alternde Ritter zieht in die Welt hinaus. Er streitet für die Macht der Fantasie. „Die Realität interessiert mich null komma null.“ Er erfindet eine neue Welt und sucht Mitstreiter, die wie er nichts auf vermeintliche Werte geben. Am Schluss muss er erkennen: „Ich glaube wir sind nicht gemacht für diese Zeit.“
Sancho Panza steht ihm mit Zottelhaarschnitt und Hochwasserhosen getreulich zur Seite. Während sich Jens Harzer mit einer Rüstung über die mit Rampen, Treppen, Podesten und Räumen versehene Bühne ackert, muss ihm Bruno Cathomas immer wieder hilfreich unter die Arme greifen. Harzer redet von seiner ritterlichen Kraft und kann kaum laufen. Schon die Anfangsszene spricht klar von einer Realität, die die Fantasie Quijotes in die Schranken zu weisen versucht. Doch sein Kumpan Sancho Panza bleibt brav an seiner Seite und nickt bestätigend zu seinen Worten. Er lässt sich gerne von ihm mitreißen.
Quijote findet ungewohnte Mitstreiter: Eine Frau mit hochtoupierten Haaren und knallengen blumengeschmückten Divenkleid (Gabriela Maria Schmeide) wie aus den Simpsons entsprungen ist der Revolution der kleinen Frau verhaftet. Stolz und wutentbrannt berichtet sie von ihrer Revolution in der Mancha. Ganz auf der Höhe der Zeit hat sie per facebook einen Widerstand gegen das Projekt eines Windparks ins Leben gerufen. Selbst erstaunt über ihren unerwarteten Erfolg träumt sie nun von einer Politikerkarriere.
Wie Quijote in New York seine ritterlichen Fantasien nachgehen möchte und von der Gesellschaft als Irrer in die Anstalt aussortiert wird, davon berichtet die nächste Episode. Der Kopf von Quijotes Pferd Rosinante (Birte Schnöink) erklärt, warum sie sich gerne von den Reden Quijote zu einem neuen Denken verführen lässt, auch wenn sie weiß, dass all seine Ideen nur im Reich der Fantasie Realität werden können. Die schöne Dulcinea (Patrycia Ziolkowska) kommt als unberührbare Madonna und verspricht: „Nur die Liebe zählt.“ Daniel Lommatzsch kommt als aalglatter Snacker im goldenen Anzug daher.
Sechs Autoren (Jörg Albrecht, Diedrich Dietrichsen, Roland Schimmelpfennig, Juli Zeh u.a.) haben ihre Vorstellungen von einem Quijote in der neueren Zeit verfasst. Stefan Pucher hat sie nach in „Andersen. Ein Trip zwischen den Welten“ bewährten Muster auf die Bühne des Thalia gebracht.
Pucher gelingt es in dieser Produktion allerdings nicht ganz, denselben bildgewaltigen und hintersinnigen Zauber wie in seinem Vorläufer-Projekt zu entfalten. Die Einzelepisoden leben hauptsächlich von der Person Jens Harzers, der wie geschaffen ist für die Figur des hageren schlaksigen Denkers. Von seiner markanten, näselnden Stimme lässt man sich gerne verführen. Der tapsige Cathomas ist überzeugend als sein treuer Freund. Das Bühnenbild gewinnt seine Illusionskraft nur in den Momenten, wenn die Videobilder auf die Sperrholzbauten projiziert werden. Sonst bleibt es unbelebt und hölzern. Die Musik von Carsten Erobique Meyer und Ben Schadrow wirkt zu gewollt ironisch mit ihrem schrägen schiefen Schlagerschmus. So bleibt Quijote als Ritter von der traurigen Gestalt ein einsamer Streiter unter all den Gestalten, die sich ihm zugesellen.
war Andersen. Da kann Quijote leider nicht heranreichen.
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