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Der Volksfeind, Lessingtage

Der Volksfeind, Lessingtage


Unter die Gartenzwerge gefallen

Doktor Stockmann (Joachim Meyerhoff) hält eine flammende Rede. "Mischt euch ein! Tut etwas! Übernehmt Verantwortung!" lauten seine Appelle. Doch vor ihm stehen nur riesige Gartenzwerge. Ungerührte Minen, gleich bleibendes, nichts sagendes Grinsen. Stumm stehen sie vor ihn. Doch dann bewegen sie sich auf ihn zu. Von allen Seiten kommen sie auf ihn zu. Sie scheinen ihn fast zu zerdrücken und langsam von der Bühne zu schieben. Ganz klein und schutzlos wirkt der einsame Mahner vor dieser schweigenden Übermacht.
Regisseurin Jette Steckel wählt ein deutsches Symbol der kleinbürgerlichen Ordnung, um die Machtverhältnisse der norwegischen Verhältnisse im "Volksfeind" auf Deutschland zu übertragen und holt Ibsens Stück damit ganz dicht an die Zuschauer heran.
Stockmann warnt bei Steckel nicht nur vor der drohenden Vergiftung des Kurbades durch die einsickernden Abwässer der giftigen Gerberei, die genau daneben liegt, sondern vor der Erderwärmung, die alle betreffen wird. "Es gibt keine Umwelt sondern nur eine Welt!", stellt Stockmann fest. Die Erderwärmung werde alle betreffen und nicht nur lokale Auswirkungen haben.
Stockmann und seine Frau sind die einzigen, die sich nicht auf dem glatten Eis der Winkelzieher bewegt. Sie sind ohne Schlittschuhe unterwegs, sie bleiben ganz dem festen Grund der Ehrlichkeit verhaftet, während sich alle anderen auf der Bühne auf das Glatteis des ständigen Anpassung begeben. So auch der jüngere Bruder Stockmanns (Mirco Kreibich), der als Bürgermeister die Untätigkeit seiner Gartenzwerg-Bürger fördert und gleichzeitig als Argument für seine Vertuschungsversuche nutzt. als Eistänzer flotte auf das Parkett legt.
So legt er eine Eislaufkür auf die Bühne, als er zu seiner Rede vor den Pressevertretern (u.a. Ole Lagerpusch) ansetzt. Er umkreist sie mit eleganten Schwüngen und vollbringt flotte Pirouetten, wenn er die argumentative Höhepunkte seiner Ansprache erreicht.
Jette Steckel will mit diesem Stück aufrütteln, Verantwortung zu übernehmen.
Mit dem Einsatz der stummen Gartenzwerge und der Präsentation fast aller Schauspieler als Eisläufer hat sie zwei eindrückliche, klare und einfache Mittel gefunden, um die Aussagen des äußerst aktuellen Stückes zu verbildlichen. Das ist mal wieder eine echte Jette Steckel-Arbeit mit klaren politischen Aussagen, wie man sie aus früheren Arbeiten am Thalia kannte. Ein Highlight der Lessingtage!
Birgit Schmalmack vom 7.2.18

Abbildung: Der Volksfeind, Lessingtage - Foto: Georg Soulek / Burgtheater

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