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Klare Abgrenzung
Die Fronten sind klar getrennt: Hier die Deutschen, dort die Geflüchteten. Erstere haben ihren Platz am Redepult direkt vor den Zuschauern eingenommen, letztere befinden sich in einem erhöhten Glaskasten, etwas größer als die Wohncontainer, in denen viel von ihnen immer noch leben. Integration sieht anders aus.
Zwei Jahre sind vergangen seit dem Aufwallen der einstigen Willkommenskultur. Was ist aus den Angekommenen geworden? Wie steht es um das Verhältnis zwischen den Deutschen und den Asylsuchenden? Das fragt sich Gernot Grünwald in seinem dritten Doku-Stück am Thalia
Theater.
Sein direkter Vorgänger war das Projekt "Ankommen", das sich speziell mit minderjährigen Ankommenden beschäftigte. Was ist seitdem passiert? Die erste Euphorie ist verklungen. Stattdessen machten sich Ängste von einer Flüchtlingsschwemme breit. Zugangsbeschränkungen, Kürzung der Leistungen, erleichterte Abschiebungen, Obergrenzen werden diskutiert. Immer man redet über die Geflüchteten aber nicht mit ihnen. Dem folgt Grünwald auf der Bühne und stellt so ein Abbild der jetzigen Gesellschaftsentwicklung aus. Im Vordergrund die Deutschen, die die Angelegenheit der Asylsuchenden verhandeln, während diese sauber verwahrt in ihrem Container bleiben. Zuerst bleiben sie vollkommen stumm. Erst im weiteren Verlauf des Abends treten sie mit eigenen Erzählungen und Statements ans Mikro. Durch diese Anordnung stellt er die allgemeine, regelnde Draufsicht gegen die ausgestoßenen Einzelschicksale, die hinten im Glascontainer langsam sichtbar werden.
Grünwald re-inszeniert die Bundestagsdebatten in Auszügen mit seinen vier Schauspielern. Da geht es um Asylverfahrenbeschleunigung, erleichterte Abschiebung, subsidiären Schutz, Familiennachzug und Integration. Sie sprechen zu den Zuschauern, die in einer Sitzordnung Platz genommen haben, die der im Bundestag ähnelt. So hat der Zuschauer nichts ahnend mit seiner Platzwahl auch seine heutige Parteizugehörigkeit gewählt und wird aufgefordert an den richtigen Stellen Beifall zu klatschen.
Grünwald zeigt die Austauschbarkeit der Parteivertreter, indem er sie im weiteren Verlauf ihre Redebeiträgen nicht mehr ablesen, sondern nur noch ihre Lippen bewegen lässt, während ein anderer vom Platz aus vorliest und zum Schluss blabbern sie nur noch fremd gesteuert nach, was sie über Kopfhörer verstehen.
Die Konzeption des Abends ist schlüssig, spannend und interessant, dennoch zeigt sie in der Umsetzung Ermüdungserscheinungen, weil sie zu vorhersehbar ist. Die Auflockerungsversuche der Schauspieler, die immer wieder mit ihren privaten Meinungsäußerungen in die Texte der Abgeordneten grätschen, scheinen zu gewollt, zu spontan und zu wenig choreographiert. Hier wäre weniger mehr gewesen. Dagegen hätte man von den Geflüchteten durchaus gerne mehr erfahren. So bleiben sie leider größtenteils ausgestellt, was nur dem Konzept des Stückes aber nicht unbedingt ihnen selbst gerecht wird. Genau diese Fallstricke hatte Grünwald in seinen früheren Arbeiten mit brillanten Gespür für die Dramaturgie und sicherem Einfühlungsvermögen geschickt vermieden.
Birgit Schmalmack vom 26.1.18
Abbildung: Performing embassyof hope - Foto: Krafft Angerer
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