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Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war |
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Joachim und wie er die Welt sah
Wie es ist, als Sohn eines Psychiaters mitten auf dem Klinikgelände groß zu werden, schildert Joachim Meyerhoff in seinem autobiographisch eingefärbten Roman „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“. Mittlerweile ist es schon gute Tradition am neuen Schauspielhaus, dass der alte und neue Ensemble-Schauspieler Meyerhoff zu Lesungen aus seinem Buch in den Malersaal bittet. Dass die Stuhlreihen bis auf den letzten Platz gefüllt sind, spricht für den hohen Unterhaltungswert seiner Geschichten über den ganz normalen Wahnsinn des Lebens. Der Vater lauschte dem Wind stets die besten Geschichten ab, die er seinem damals siebenjährigen Sohn auf der Bettkante kurz vor dem Einschlafen erzählt. Doch der braucht noch mehr für eine perfekte Nachtruhe: einen Spalt breit Licht, das auf seinen nackten Fuß fällt, die bügelnde Mutter auf dem Flur und das Schreikonzert der Patienten von ihren Verrücktenvolieren (d.h. vergitterten Balkonen) aus. Aus der Sicht des kleinen Jungen erzählt er von seinem Vater, der seinem Frontfett mit einer Steakdiät und neuen Joggingschuhen zu Leibe rücken will. Der seinem Reisehunger als Bildungsnomade mit immer weiteren Zeitschriftenabos vom Sofa aus stillen will. Der die warmen Sommerabende im rauen Norden so zu würdigen weiß, dass er jedem von ihnen einen einzelnen Namen wie die „laue Marie“ oder die „warme Anna“ gibt. Wie der kleine Joachim die Dienste des Glöckners von Schleswig zu schätzen lernte, ist eine andere Geschichte. Beim Ritt auf den Schultern der Glocken schwingenden, menschlichen Klangmaschine, die schon lange zum lebenden Inventar der Klinik gehört, wuchs er über sich und seine anfängliche Angst vor dem muskulösen Riesen hinaus. Das von einigen Zuschauern schon erwartete Highlight des Abends aber wurde die Geschichte um die „Kühlen Blonden aus dem Norden“. Dabei handelte es sich in diesem Fall nicht um einen Bommerlunder sondern um Gerhard Stoltenberg, der anlässlich der Einweihung eines neuen Klinikteils der Familie seiner Aufwartung machte. Dass sich der würdevolle Ministerpräsident sich im Verlauf der Veranstaltung in ein aufrecht stehendes Schwein verwandelte, das gerade ein Schlammbad genommen hatte, lag an der Marotte eines Patienten namens Rudi. Sein „Hände hoch, ich schieße!“ veranlasste die beiden Bodyguards sich schulungsgemäß auf Stoltenberg auf den regennassen Boden zu werfen und die Waffen zu zücken. Dennoch wurde es danach noch ganz gemütlich: Stoltenberg trank im Arztkittel des Vaters auf dem Sofa einen Aquavit und die Bodyguards spielten mit den Söhnen in Jogginghosen Tischtennis. Meyerhoff hat nicht nur das Talent sich auf der Bühne in immer andere Personen zu verwandeln sondern auch Geschichten mit sprachlichem Hintersinn, unterhaltsamem Witz und tiefgründigem Humor zu erzählen. Ab und zu sieht man John Irvings „Garp“ ihm über seine Schulter blinzeln. „Joachim und wie er die Welt sah“ ist ein großer Spaß mit philosophischem Tiefgang. Birgit Schmalmack vom 6.1.14
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