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Blind für die Wahrheit
Als blinder Penner strauchelt Ödipus (Markus John) vor die Bürger Athens und bittet um Asyl. Diese haben wohlbeleibt und selbstgefällig zunächst nur ein Achselzucken für ihn übrig. Doch er kann ihre Neugierde wecken und fängt an ihnen seine Geschichte zu erzählen. Der Bühnenboden ist aufgerissen. Nur noch einzelne Bruchstücke erlauben sicheren Stand, aber ermöglichen keinen Spiel- und Entscheidungsraum. Ansonsten droht der Abgrund. Alice Buddeberg lässt den blinden Ödipus nie von seiner Podestinsel herunterkommen. Trotz aller äußeren Distanz bleibt er seinem Schicksal verhaftet. Selbst als er in der Rückschau wieder zu einem jungen Herrscher von Theben wird, kann er nicht die Wahrheit sehen. Seine Augen sind nur aufgeklebt. Er bleibt auch jetzt ein Blinder für die Wahrheit. Er versuchte dem Götterspruch zu entkommen, dass er seinen Vater töten und seine Mutter (Irene Kugler) heiraten und schwängern würde, und muss nun sein Scheitern erkennen. Er entkam nur seinen Adoptiveltern, tötete aber auf seiner Flucht seinen leiblichen Vater Laios und heiratete seine leibliche Mutter Iokaste und zeugte mit ihr vier Kinder. Seine Frau und Mutter versucht ihn zunächst noch von der Sinnlosigkeit der Göttergläubigkeit zu überzeugen, muss aber bald einsehen, dass auch sie sich von ihrem Wunschglauben hat täuschen lassen. Was auch die Frage war, die Antwort bleibt immer „Mensch“, so erkennt Ödipus ganz am Schluss. Zuvor hatte er auch noch miterleben müssen, dass seine beiden Söhne Eteokles (Sören Wunderlich) und Polyneikes (Martin Wißner) sich in ihrem Machtwahn gegenseitig umbrachten. So sehr die Menschen sich auch bemühen die Göttersprüche zu verstehen, sie bleiben doch Menschen. So begrenzt in ihrem Verständnis, dass sie nur ihren kleinen Begierden nachgehen aber nie das große Ganze im Blick haben können. Sie können wohlgenährt und selbstzufrieden wie die Athener Bürger der Befriedigung ihren einfachen Bedürfnissen nachgehen, mehr nicht. In Buddebergs Inszenierung gibt es viele nette Bilder und Ideen. Der aufgerissene Bühnenboden, der die Fallhöhen des Abgrundes offenlegt, ist ebenso ein sinnfälliges Bild wie die aufgeklebten Augen des nichtsehenden Ödipus. Die schwarzen, weißgeschminkten Gestalten seines Hofes sind ebenso Kunstgestalten wie die Bürger Athens. Alle diese Elemente hat man schon einmal in anderen Inszenierungen gesehen, sie wollen sich nicht zu einem großen Ganzen fügen - ebenso wenig wie Ödipus Lebensentwurf. Die interessante Frage, die im Programmheft gestellt wird, ob der Mensch schuldlos schuldig werden kann, muss sich der Zuschauer selbst beantworten. Birgit Schmalmack vom 30.12.12
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Ödipus Aida
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