Diese Lücke, Altonaer Theater



Lieberling studiert Schauspiel

Joachim (Florens Schmidt) ist überfordert: Wie lacht man mit den Brustwarzen? Wie spricht ein Nilpferd Effi Briest? Doch genau diesen Aufgaben muss er sich stellen, nachdem er an der Otto-Falkenberg-Schauspielschule in München überraschend aufgenommen worden ist. Erholung findet er dafür bei seinen Großeltern (Hannelore Droege, Gerhard Palder), zu denen er gezogen ist. Die Ex-Schauspielerin und der Alt-Philosoph sorgen mit ihren anregenden Diskussionen und ihren eingespielten Riten, auch des Alkoholgenusses, für den Rahmen, der Joachim Stabilität gibt. Denn Joachim ist auf der Suche. Er spürt diese Lücke, diese entsetzliche Lücke in seinem Leben. Doch wie soll er sie füllen? Mit den albernen Übungen in der Schauspielschule? Wohl eher nicht. Doch wider Erwarten hält er bis zur Abschlussprüfung durch und darf sein Zeugnis entgegen nehmen. Doch was jetzt? Das Angebot aus Schleswig, seiner Heimatstadt, aus der er gerade geflohen ist, annehmen? Bestimmt nicht!
Zusätzlich zur Zukunftsfrage stellt auch die Gegenwart ihm immer neue Herausforderungen. Erst wird sein Vater immer weniger, dann stirbt sein Opa und seine Oma folgt ihm 10 Monate später. Es tun sich weitere Lücken auf, die Joachim jetzt alleine füllen muss.
Joachims Neben-der-Welt-Stehen kennzeichnet seinen Blick auf das Leben. Sein Beobachtungsposten schärft seinen Sinn fürs Absurde. Während die erste Hälfte von Henning Bocks Inszenierung des autobiographischen Romans von Joachim Meyerhof noch von den vielen Späßchen geprägt ist und mehr wie eine Nummernrevue anmutet, lässt die zweite auch die melancholischen Aspekte durchschimmern. Das tat dem Amusement im Publikum aber keinen Abbruch. "Ein schöner Abend", so die einhellige Meinung beim Hinausgehen, wenn er auch nicht den Tiefgang seiner Vorgängers "Wann wird es wieder so, wie es niemals war" erreicht.
Birgit Schmalmack vom 19.2.19