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Abendblatt 
 

Homo Faber, Altonaer Theater

Homo Faber, Altonaer Theater Foto: G2 Baraniak)

Homo Faber, Altonaer Theater
Toller Erkenntnistrip über das Leben

Homo Faber (grandios: Stephan Benson) glaubt an die Vernunft. Er ist ein Techniker, der alles berechnen will. Beziehungen zu Frauen sind ihm deswegen suspekt und so hat er sich für ein Leben ohne Dauer-Doppelbett entschieden. Doch dann geschehen etliche "Zufälle", die er zunächst mit Statistikabweichungen erklären möchte, um das Schicksal nicht bemühen zu müssen. Er überlebt einen Flugzeugabsturz, er trifft unvermutet auf einen alten Studienfreund, der zufälligerweise seine ehemalige Freundin geheiratet hat. Als er dann noch ein junges Mädchen (Gaia Vogel) auf einem Schiff nach Europa kennen lernt und sich in sie verliebt, das sich als die Tochter dieser Hanna (Katharina Abt) herausstellt, gerät selbst sein so fest gefügtes Weltbild allmählich ins Wanken.
Walter Faber kommt mit seinen Berechnungsbemühungen an seine Grenzen. Er ist gezwungen Bilanz zu ziehen, als sich seine Magenbeschwerden als ein lebensgefährlicher Tumor herausstellen. "Sind Sie bereit?" fragen ihn die Schwestern vor der Operation. Nein, zum Sterben ist er nicht bereit, dafür zum Leben bereit wie nie.
Die Textfassung (Alice Asper) des Romans von Max Frisch, die Regisseur Christian Nickel für die Inszenierung im Altonaer Theater benutzt hat, beginnt im Krankenhaus. Sie schneidet die spätere Begegnung mit der Mutter Hanna zwischen die Erlebnisse von Walter beim Flugzeugabsturz, in der Wüste, im Dschungel und auf dem Schiff mit Elsbeth. Mit wenigen Bühnenmittel gelingt dem tollen Team aus nur drei Schauspielern die mitnehmende Geschichte des "Homo Faber" zu erzählen, der sein Leben erst erkennt als es schon fast zu spät ist. Ein Overheadprojektor und ein paar Stühle werden zum Flugzeug, zu Deckchairs, zur Tennisfeld, zum Museum und zur Krankenstation. Das ist ebenso kurzweilig wie spannend und erkenntnisreich gemacht. Da hätte die vielen "witzigen" Regieeinfälle im ersten Teil gar nicht gebraucht. Im zweiten Teil fallen sie alle weg und das Stück nimmt noch weiter an Fahrt auf. Tolle Inszenierung!
Birgit Schmalmack vom 23.1.17