Mein Leben ist ein Scheißprojekt
Wer Eltern (Friederike Brüheim, Oliver Törner) hat, die sich selbst mit Biogemüse zum Sonntags-Cornflakes-Frühstück einladen und dann mit der Schweigertochter (Judith Goldberg) über das Ficktempo des Sohnes (Malte Sachtleben) reden wollen, ist schon gebeutelt. Diese Eltern sind so offen und tolerant, wie ihre Kinder es nie werden können. Sie sind so abgeklärt, selbsterfahren und kommunikationsstark, dass man mit ihnen über alles reden muss. Da ist natürlich kein Problem, wenn der Vater einen neuen japanischen Lover (Mirko Thiele) mit ins Haus bringt und die Mutter derweil ihr eigenes Solarhaus entwirft. Wohl aber, wenn die eigenen Projekte nie über die Entwurfsphase hinauskommen, die eigene Frau sich in den nächsten Selbsterfahrungskursleiter verliebt und man selbst keine Neue am Start vorzuweisen hat. Schlimm wenn sich die Eltern dann mehr Sorgen um das eigene Sexualleben machen, als man selbst. So sieht das Scheißlebensprojekt von Janne aus. Das Stück von Rebekka Kricheldorf hat es in sich. Ihr Text zaubert nicht nur prägnante Dialoge auf die Bühne sondern charakterisiert die einzelnen Personen durch ihre besonderen Sprache, der sich aus Versatzstücken ihrer jeweiligen Szene zusammensetzt. Der Esotheriksprech, der Therapeutensprech, der Projektlersprech, der Selbsterfahrungssprech; alle Personen auf der Bühne nutzen ihre Eloquenz auf ihre ganz egozentrische Weise. Kommunikation findet hier nur noch vorgeblich statt. Man redet miteinander, weil es sich eben gehört, tolerant und akzeptierend miteinander umzugehen, doch eigentlich sind hier nur Egoisten auf ihrem eigenen Lebenseventtrip unterwegs. Regisseurin Nina Pichler hat mit einer tollen Besetzung in allen Rollen, einer temporeichen Szenenfolge und einem gelungenen Bühnenbild eine höchst aktuelle, überaus sehenswerte Produktion erschaffen. Toll dass die Offbühne des Monsuntheaters ein solches Stück in ihr Programm holen konnte.
Birgit Schmalmack vom 22.2.16
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Alltag und Ekstase vom Monsun Theater
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