Stadtbürger ins Theater!
Den Bürger ins Theater holen. Nicht nur als Zuschauer sondern als Themengeber für die Inhalte, die auf der Bühne verhandelt werden. Das ist die Idee hinter dem Projekt Stadttheater, das die künstlerische Leiterin Alida Breitag im Lichthof initiierte. Dazu lud sie für jeden Abend der drei folgenden Wochenenden Künstler ein, deren Auftrag es war, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen und über ihre Erkenntnisse eine mindestens dreißigminütige Performance zu erarbeiten. Die erste Ausgabe zeigte drei sehr unterschiedliche Herangehensweisen. In der ersten baute Veronique Langlott mit ihrem Team einen Parcours mit fünf Stationen auf der Bühne auf, die die Zuschauer zu Mitforschenden in ihrem "Institut für Quadratmeter" machte. In den Stationen entwarfen sie ihre Visionen für ihren Quadratmeter mit Nagellack auf jeden Fingernagel ihrer rechten Hand, vertrauten dem "Poloch" ihre geheimen Wünsche da, warfen per OVP ihre bunten Gestaltungsidee für ihren Quadratmeter mit allerlei bunten Folien an die Wand. Am interessantesten war die Station, in der sie mit ihrem Körper die ausliegenden Quadratmeter auf dem Bühne besetzen mussten und merkten: Bei bezahlbarem Wohnraum mit Grün in zentraler Lage führt das zu Überbelegung und Verrenkungen. Für den zweiten Teil "Kleidungsstück" hatten Frank Koenen, Daniel Hansen und Joscha Bernath sich bei "Hanseatic Help" informiert und ihre Erkenntnisse in eine Performance mit Altkleidern übersetzt. Wenn sie sich möglichst viele Kleidungsstücke übereinander ziehen, wenn sie sich zu zweit in eine Hose und ein Hemd zwängen, wenn sie mit einem Turm aus Kleidung auf dem Kopf ins Publikum stolpern, wenn sie sich so viele Kleidung wie möglich in ihre eigenen stopfen, dann wirkt das ungewollt witzig und gewollt hintergründig zugleich. Dennoch bleibt auch hier der Erkenntnisgewinn gering. Einzig in der letzten Arbeit wagt einer der Künstler seiner Bürgerin Raum zu geben und sie sichtbar zu machen. Philipp Joy Reinhardt stellt sich auf gleiche Stufe und gibt Anne Keppeler Platz für ihre eigenen Themen. Nach dem Ende ihres ERwerbslebens arbeitet sie nun ehrenamtlich auf einer Palliativstation. Hier stehen nicht ein Profi und ein Laie auf der Bühne, sondern, wie Philipp anmerkt, zwei Laien, einer mit mehr und eine mit weniger Bühnenerfahrung. Birgit Schmalmack vom 1.5.19
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