Erleuchtender Tanz
Die Abschlussaufführung des Sommerfestivals auf Kampnagel war zugleich der Höhepunkt des gesamten Festivals. Mit stehenden Ovationen bedachten die Zuschauer „Vertical Road“ der Akram Khan Company.
Sieben mit dem Staub der Vergangenheit bedeckte Menschen stehen zu Säulen erstarrt auf der Bühne. Mit den hämmernden Schlägen der Musik werden sie zu pulsierenden Körpern. Ganz dem Boden verhaftet, atmen ihre Leiber zum Takt der Musik. Sie drehen und wälzen sich im Staub der Erde. Sie schlagen auf den Boden und zuckende Wellen gehen durch ihren Körper. Die Musik treibt sie an mit ihrem schlagenden Rhythmus. Sie kreisen um sich selbst und heben kaum den Blick.
Bald strecken sie strebend nach der Erleuchtung die Hände und Köpfe dem Licht entgegen. Ihre Körper suchen die Vertikale, bis sie zum Schluss in fleißenden drehenden Bewegungen Ruhe finden.
Immer wieder stellen sich einzelne Tänzer außerhalb der Gruppe und nehmen eine distanzierte Beobachterposition zum spirituellen Gruppenerlebnis ein, um sich wenig später wieder einzugliedern.
Plötzlich greift sich einer der Männer eine Frau und schleudert sie an ihrer Kleidung über die Bühne. Mühsam versucht sie sich zu wehren, bis er das Interesse an ihr verliert und wieder von ihr ablässt.
Einer der Männer nimmt häufiger als die anderen eine Sonderposition ein. Eine geistige spirituelle Führerschaft scheint sich anzubahnen. Er beeinflusst die übrigen: Durch kleine Handbewegungen manipuliert er ihren Körper. Als er sich schließlich einer Frau durch direkten Körperkontakt bemächtigen will, emanzipiert sich die Gruppe von ihm und gebietet ihm Einhalt. Sie stellt sich vor die Frau und sichert ihr Entkommen.
Bei dieser Inszenierung stimmt einfach alles: die treibende, bezwingende Musik, die Leinenkostüme, die Lichtregie, die schlichte Bühne und die die Seele berührende Choreografie.
Birgit Schmalmack vom 1.9.11
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