Wenn die Haifische abheben
Lucie wohnt zurzeit mit drei Forschungsobjekten in einer Wohnung. Ihren Bruder Janni, ihre Mutter und deren derzeitigen Freund. Das ist im Augenblick Michi (Balz Scheidegger), der zwar immer Zettel mit Lebensweisheiten parat hat, aber keine eigenständige Lebenskompetenz vorweisen kann. So beschließt Lucie, dass es Zeit ist auszuziehen. Sie will nach Berlin zu der früheren großen Liebe ihrer Mutter. Bernie versteht es zu leben und Lucie hält sie im Gegensatz zu ihrer nur bemühten Mutter für fähig, ihr das auch beizubringen. Um ihrem Wunsch umzusetzen, braucht sie Geld. Ihr Ticket ins Glück will sie sich bei Herrn Klinge verdienen. Der hat allerdings einen ganz anderen Auftrag für sie, als sein Aushang versprach. Für seine Abschlussarbeit hat sich Dominique Enz ein Jugendbuch ausgesucht, und zwar den erfolgreichen Jugendroman "Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte" von Dita Zipfel. Sein Vorhaben ist dank seiner zwei tollen Hauptdarsteller geglückt, die er abwechselnd oder gleichzeitig in die Rolle von Lucie und zusätzlich noch in viele der weiteren Rollen schlüpfen lässt. Enz gelingt es mit Lukas Beeler und Rosa Lembeck genau die richtige Tonlage zwischen Ernsthaftigkeit, Lakonie und Witz zu treffen, der die poetischen, klugen und humorvollen Sätze von Dita Zipfel zum Klingen bringt. So kommen Lucies psychologisch genauen Beschreibungen ihrer Mitmenschen, ihrer Beziehungen und ihres Ablösungsprozesses bestens zur Geltung. Klinge, der im Buch ein hagerer, greiser Sonderling ist, wird auf der Bühne zu einer jungen, tänzerisch begabten, flexibel herumwirbelnden Frau (Juliette Uzor), die sich am liebsten unter einer Regencape-Tarnkappe versteckt und mit ihrem Kanupaddel fortbewegt. Lucies Verhältnis zu ihm wird in dieser Interpretation nicht ganz klar. Sie erscheint ihrem Auftraggeber schon zu durchschaut zu haben, bevor er ihr die Tür noch ganz geöffnet hat. Dennoch: Enz beweist mit dieser Arbeit, dass er es wunderbar versteht einen Stoff spielerisch leicht für die Bühne umzusetzen und dabei fantasievoll eine neue Form für den Text zu finden. Birgit Schmalmack vom 3.2.20
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