Tanzen macht jung
Ob in Gummistiefel, ob mit Insektenhut, ob mit Kittelschürze oder in Pyjama - die älteren Damen schwingen ihre Hüften, werfen ihre Arme in die Luft und drehen sich im Kreis. Ob die Umgebung sie skeptisch beobachtet, ob Rückenschmerzen sie plagen oder ob die Füße nicht mehr mittun wollen; alle freuen sich sichtlich an der Bewegung. Im Tanzen gewinnen sie ihre Jugendlichkeit zurück. Die südkoreanische Choreografin Eun-Me Ahn begab sich auf filmische Recherchesuche nach der Generation der Großmütter. Viel hatten diese in ihrem Leben in Südkorea mitgemacht. Den 2. Weltkrieg, den Koreakrieg sowie die rasche Technologisierung des Landes hatten sie durchlebt. All das wollte Eun-Me Ahn in dem Tanz der Seniorinnen sichtbar machen. Dazu kontrastiert sie sie mit der unbedarften, unbelasteten Springlebendigkeit ihrer jungen Tanzcompagnie. Als eine Art lebendiges Geschichtsbuch wollte sie die Grandmothers in ihren Bewegungen aufschlagen. Doch dazu greift sie leider sowohl in deren tänzerischem Ausdruck wie in den ihrer jungen Ensemblemitglieder zu wenig ein. Die Jungen springen fast durchgehend locker flockig zu treibenden Elektro-Beats in scheinbar freier Improvisation über die Bühne, während die Grannies ihre eleganten Tanzsequenzen daneben stellen. Die Leerstellen der Choreographie werden mit viel flashigem Lichteinsatz und ständig wechselnder Kostümierung der Jungen mit immer neuer blumiger Hauskleidung ausgeglichen. Als »Pina Bausch von Seoul« wurde Eun-Me Ahn angekündigt. Doch an die Intellektualität dieser deutschen Tanz-Koryphäe reicht sie mit ihrem Abend "Dancing Grandmothers" nicht ganz heran. So entsteht zwar ein äußerst unterhaltsamer, überaus frischer und sehr sympathischer Abend, der das Leben feiert, aber seine Abgründen allerhöchsten erahnen lässt, wenn man die Vorberichte aufmerksam gelesen hat. Birgit Schmalmack vom 12.12.16
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Dancing Grandmothers Foto: Young-Mo Cheo
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