Spiel Zigeunistan

Spiel Zigeunistan



Bildungslücken

Die Schweißflecken breiten sich auf Helmuts Sweatshirt aus. Doch er gibt nicht auf. Zu immer weiteren Runden gegen den Boxsack lässt er sich von seinem Trainingstimer animieren. Für Helmut nichts Besonderes: Sein ganzes Leben ist ein Kampf, warum nicht auch seine Freizeit? Nachdem es mit der großen Boxkarriere nichts geworden ist, coacht er jetzt Jungs, die Schwierigkeiten haben, die Ziele in ihrem Leben zu sehen und anzugehen. Damit kennt sich Helmut gut aus. Wie er hat auch sein Zögling Thomas zwar seit Generationen deutsche Wurzeln und deutsche Namen, aber jeder fragt sie dennoch: Und woher kommst du eigentlich? Sinti aus Georgswerder sind sie. Wenn der Energieberg mal irgendwann in die Luft fliegen sollte, gäbe es „Zigeunerschnitzel“, witzeln sie.
Helmut weiß genau, warum Thomas in der Schule plötzlich mit Gehirnblockaden zu kämpfen hat. Wer jeden Abend von den Großeltern vom „Porajmos“ hört, der nationalsozialistischen Vernichtung der Sinti und Roma, geht nicht unvorbelastet in die Institutionen der Deutschen. Dass wiederum kein Deutscher dieses Äquivalent zum Holocaust kennt, ist ein Teil des Problems. Auch um dagegen etwas zu tun, hat Christiane Richers das Klassenzimmerstück „Spiel Zigeunistan“ geschrieben. Nach Interviews mit der Hamburger Familie Weiss ist es entstanden. Rahul Chakraborty spielt Helmut und Thomas nicht nur mit einer ungeheuerlichen körperlichen Energie sondern auch mit einer Überzeugungskraft, der man in jeder Sekunde ihre Authentizität glaubt. Ein kurzes, intensives und wichtiges Stück, das die Schließung von Bildungslücken neu definiert.
Birgit Schmalmack vom 30.1.14


Zur Kritik von

Lessingtagebuch 
 
 

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