Beziehungsreiches Versteckspiel
Zwei Tische. Ein Mann. Eine Frau. Sie blicken sich nicht an und dennoch scheint es so, als wenn sie miteinander sprechen würden. Erst allmählich wird klar: Sie befinden sich in einem Tonstudio und synchronisieren einen Film. Doch es ist nicht irgendein Film, sondern ihr gemeinsamer, den sie vor zwölf Jahren miteinander gedreht haben. Der Regisseur aus dem Off ist unzufrieden: Ihr heutiger Tonfall sei ein ganz anderer. „Unsere Gefühle sind auch ganz andere“, entgegnet der Mann. Waren sie doch früher einmal ein Paar. Der Mann kann sich eine erneute Annäherung vorstellen, doch die Frau wehrt ab. Der Regisseur dieser vielschichtigen Theaterabends Amir Reza Koohestani verknüpft beziehungsreich viele verschiedene Ebenen. Er verhandelt dabei minimalistisch und dennoch intensiv die Unmöglichkeit eines Paares miteinander wahrhaft zu kommunizieren und denmzufolge auch zu leben und zu arbeiten. Wenn sie an Punkte kommen, an denen Wahrheit gefragt ist, weichen sie aus: ins Schweigen, ins Anklagen, in Vorwürfe, in Beschönigungen. Zur Not haben sie immer noch den Filmtext, der vor ihnen als letzte Fluchtmöglichkeit vor der Konfrontation zur Verfügung steht. Da jede Arbeit eines iranischen Künstlers wohl per se politisch sein muss, ist dieses Versteckspiel zwischen Mann und Frau ist vielleicht auch ein Sinnbild für das Versteckspiel, das im Iran zum Alltag gehört. Birgit Schmalmack vom 9.8.14
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