International Society, Kampnagel

International Society, Kampnagel



Die Freiheit tanzen

Einen neuen Staat gründen - keine so einfache Sache. Die Ideale sind zwar schnell geklärt: Freiheit, Liebe, Gemeinschaft und Spaß. Eine Fahne ist kreiert. Ein Willkommenstanz gefunden. Eine Hymne komponiert. Doch der SPD-Vertreter der Stadt Hamburg will partout die Elbphilharmonie nicht als neues Staatsgebiet herausrücken. Auch die Arbeitsgruppen tun sich schwer mit Ergebnissen zu Einbürgerungskriterien, Staatsgebiet, Kultur oder Gesetze. Einer von ihnen nutzt die Schwäche der Neubürger aus, schwingt sich zum Führer herauf und entwickelt Lust an der Macht. Der Aufruf zum Kampf gegen den Feind provoziert Streit und Kämpfe innerhalb der Gruppe. Endlich formiert sich Widerstand gegen den Möchtegerndiktator.
Anschließend definieren sie ihr gemeinsame Sprache: Im Gesang, im Tanz und im Parcour finden die international zusammen gewürfelten Neubürger die Gemeinsamkeiten, die sie wieder zu einer Gemeinschaft werden lassen. Regisseurin Rica Blunck entwickelt mit ihrem multilingualen und -kulturellem jungen Ensemble die Utopie einer Gesellschaft, die sich erst in der geteilten Spaß an der Bewegung und der Musik neu erschaffen kann.
Die letzte Geschichte, die auf deutsch und arabisch erzählt wird, deutete kurz die Unterschiede an, die eine solche gemeinsame Utopie behindern können: Der perfekte Moment ist für das deutsche Mädchen mit dem arabischen Freund an einem Sonnentag an der Alster zu sitzen. Doch Glück für ihn ist etwas ganz anderes: Er könne erst glücklich sein, wenn er perfekt deutsch gelernt, eine Arbeit gefunden, seiner Familie in Syrien Geld schickt, eine Frau geheiratet und viele Kinder bekommen hätte. Mehr solcher intensiver Momente des Tiefgangs und des Austausches hätte dieser Abend gut vertragen können. So blieb er meist an der unterhaltenden Oberfläche, die die vielen Talente der Jugendlichen Raum gab und genießen ließ.
Birgit Schmalmack vom 24.4.17


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