Ein hartes Geschäft
Der politische Redakteur Pierre Peters (Werner Wölbern) wird zum Filmsternchen Katja (Sonia Hausséguy) geschickt. Sein Kollege ist erkrankt und er muss einspringen. Die junge schöne Frau merkt sofort, dass Pierre diese Aufgabe als unter seiner Würde angesiedelt empfindet und wehrt sich auf ihre Weise. Während Pierre noch denkt, dass er das naive Filmsternchen austricksen könnte, dreht sie den Spieß um. Über eineinhalb Stunden liefern sich die beiden ein Katz- und Mausspiel, das ans Eingemachte geht. Beiden versuchen sich gegenseitig die dunkelsten Geheimnisse zu entlocken. Interessant wird das Spiel dadurch, dass sie gleichzeitig stets auch mit dem Gedanken einer möglichen Seelenverwandtschaft und Nähe liebäugeln. Denn einsam sind sie beide. Die umschwärmte Katja kann alle Gefühle nur vor der Kamera perfekt abspulen. Peter hat als Kriegsjournalist soviel Leid gesehen hat, dass er aus Eigenschutz eine Mauer gegen alle möglichen Gefühle angelegt hat. Das Kammerspiel ist nicht nur anstrengend für die beiden Protagonisten sondern auch für Teile des Publikums. Sie hielten die hysterischen und machohaften Gefühlsausbrüchen von Katja und Peter und die damit einhergehende Verwendung allzu vieler Kraftausdrücke nicht aus und verließen die Aufführung frühzeitig. Doch ein Ausharren bis zum Ende lohnt sich. Es erweist sich: Die Ausbrüche sind nie vordergründig, sondern lassen tief in die Seele der beiden blicken. Sie geben einen Einblick ins harte Geschäft der Medien, das wenig Platz für Ehrlichkeit und Menschlichkeit lässt. Der Reiz dieses intensiven Kammerspieles ist, dass Regisseur Henning Bock den Text von Theodor Holmann und Theo van Gogh so inszeniert hat, dass auch nach Fallen des Vorhangs noch viel Raum für Spekulationen über die tatsächlichen Beweggründe beim Wein in der Bar „Jerusalem“ übrig bleibt. Birgit Schmalmack vom 15.9.11
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