Hitler baby one more time Dor Aloni begibt sich auf die Suche nach seiner Identität. Ist das Ausweispapier, das er währenddessen durch die Reihen reicht, dafür wichtig? Der Israeli Aloni hat erstmal eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland bis März, mehr nicht. Direkt vor dem Publikum am Mikro stehend, beschreibt er seinen Weg ausgerechnet in dieses Land. Als Kind spielte er Ameisen-Holcaust. Er war Hitler und konnte jede Ameise aus dem Haufen töten, die er sich aussuchte. Wie groß ist der Entwicklungsspielraum für ein Kind, das in der Schule zu einem Angehörigen eines Opfer-Volkes erzogen worden ist? Doch Aloni will nicht mehr zum einem Volk der Gejagten gehören. Er will dieses Erbe nicht antreten. Was habe er schließlich mit der Verfolgung der früheren Generationen zu tun? Im Skype-Video mit seiner Mutter stellt er sich die Frage, was ihn denn als Jude erkennbar machen würde, wenn er doch eher arabisch aussehe? Er könne doch einfach behaupten, er sei Palästinenser, schlägt seine Mutter grinsend vor. So sei es eben, wenn die Muttersprache der Mutter nicht seine Muttersprache wäre. Im Übrigen sei auch die Sprache der Großmutter nicht die Muttersprache seiner Mutter gewesen. Einfache Antworten sind nicht im Angebot. Wenn er sich zum Schluss unter die Dusche stellt, kommt nur Wasser aus der Brause. Nicht, wie in der Geschichte, die den Kindern früher erzählt wurde: Dusche nie, wenn es schon dunkle geworden ist. Dann kommt Gas statt Wasser aus der Brause. Unglaublich souverän, humorvoll und selbstironisch erzählt Dor Aloni von seiner Spurensuche. Ein intensiver Beitrag zur Beschäftigung mit dem Erbe von geschichtlicher Vergangenheit, die in Deutschland immer wieder geführt werden muss, wenn auch mit anderen Vorzeichen.
Flamme in Ingolstadt Liebe, Fehlanzeige. So viel Alma und Berta auch suchen mögen. Die selbst gebackenen Plätzchen, die Berta extra frisch eingeschweißt im Supermarkt erstanden hat, reichen zwar zur Anlockung eines Mannes in Gestalt von Korl aus, aber nicht für die Erzeugung von dauerhaften Gefühle. Korl will die Frau erziehen wie ein Haustier. Binden will er sich nicht. Seine Freiheit will er schließlich behalten. Einmal dreht Berta voll auf: In einem energischen Monolog greift sie sich Korl bei der Hand und entwirft eine tolle, harmonische Zukunft zu zweit. Cluburlaub, Häuschen im Grünen, Familie, alles ist dabei. Der nickt zunächst brav, doch als sie bei Kindern ankommt, ist seine Geduld endgültig vorbei. Nur sofortige Trennung kann ihn noch retten. Alles was nach Bindung aussieht, muss er fliehen. So spielt der Mann mit den Frauen, denen er begegnet, sowohl mit Alma wie mit Berta. Doch bei Jungregisseurin Marie Stolze wird Alma von einem Mann gespielt. So bekommt deren Treffen in der weißen Muschel auf der Bühne etwas Homoerotisches. Herrlich lapidar wird der Text von Marie Luise Fleißer (Pioniere in Ingolstadt) vom dem Dreierteam (Rosa Lembeck, Lennart Wolter, Frank Dämmrich) in ihren hautfarbenen Kostümen herunter gebrochen und in heutige Sprache übersetzt. Die Frage, ob er dadurch aktuell wird, muss sich der Zuschauer allerdings alleine beantworten. Birgit Schmalmack vom 21.12.17
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