Helden auf dem Meeresgrund
An Anfang singen sie noch Schlager wie „Mein kleiner, grüner Kaktus“ und „Ich hab das Fräulein Helene baden gehen sehen“. Voller Stolz beziehen die 50 Mann mit ihren Proviantkästen das Wunderwerk der deutschen Kriegstechnik. Doch nach dem ersten lebensgefährlichen Gefecht mischen sich andere Töne unter die Äußerungen der Soldaten: „Es ist Krieg“, wird ihnen mit Hölderlins vertontem Gedicht klar. Beauftragt war die U 96 englische Handelsflotten zu zerstören, um den Nachschub für die britischen Feinde im zweiten Weltkrieg abzuschneiden. Doch die werden immer öfter von Zerstörern begleitet, die die U-Boote mit Wasserbomben außer Gefecht zu setzen versuchen. Eng ist es für die 50 Mann in der mit Maschinentechnik vollgestopften Stahlröhre, in der die Menschen neben Torpedos, Proviant und Dieselmotoren und E-Batterien Platz finden müssen. Wenn das Boot abtaucht, steigt der Druck der Wassersäule auf der Röhre und das bedrohliche Geknacke und Geknirsche der Stahlhülle beginnt. Privatsphäre gibt es auf so einem Boot nicht. Um die Enge darzustellen, begrenzt Bühnenbildnerin Eva Humburg den Raum mit einer vorgezogenen Rückwand, auf die Unter- oder Überwasserbilder projiziert werden. Die sechs Torpedos sind unübersehbar. Auf und vor ihnen sind die Kojen und Sitzbänke der Mannschaft untergebracht. Mit einer abgeschlossenen Klokabine, einer Funkerecke und einem rundem Ausguck, der über eine Stahltreppe zu erreichen ist, nebst vielen Röhren, Schläuchen und Drehkurbeln wird die U-Boot-Atmosphäre erzeugt. Das Ausgeliefertsein in der endlosen Tiefe des Meeres wird vollends deutlich, als das Boot Leck geschlagen wird. Angeschossen sinkt das Schiff auf den Meeresgrund in 280 Meter Tiefe. Der Kapitänleutnant („Kaleu“: Erik Schäffle) auf der U 96 ist ein alt gedienter Haudegen und er weiß, dass es fast unmöglich sein wird seine Mannschaft aus der Gefahrenzonen zu bringen. Selbst ohne frische Sauerstoffzufuhr geben die Männer jedoch alles, um das Schiff wieder zu flicken und dann einen einzigen Auftauchversuch zu wagen. Er gelingt. Die Männer glauben sich schon in Sicherheit, steigen aufs Deck, stehen im Sonnenlicht, da bricht die Detonationen eines Luftangriffs über sie hernieder und der eiserne Vorhang geht herunter. Wenn ein Theater diesen Stoff von Buchheim auf die Bühne bringen will, muss es sich dem Vergleich mit dem weltberühmten Film von Wolfgang Petersen stellen. Das Ernst-Deutsch-Theater wagt es. Und nicht nur das: Auch eine behutsame Aktualisierung ließ Regisseur Hartmut Uhlemann mit einfließen. Auf diesem Schiff ist keine rein deutsche sondern eine internationale Truppe stationiert. Ein Halb-Äthopier (Patrick Abozen), ein Ukrainer und ein Russe tun hier ihren Dienst. Außerdem erfährt das Publikum, dass gerade der Hafen Hamburg heute ein wichtiger Militärgüterumschlagplatz ist. Krieg ist eben kein historisches sondern leider auch 2015 ein höchst aktuelles Thema. Das Premierenpublikum feierte das Ensemble mit großem Applaus. Birgit Schmalmack vom 16.3.15
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Das Boot am EDT Copyright: Oliver Fantitsch
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