Klassisch gutes Theater
Ein interessantes Stück wie die "Glassmenagerie" von Tennessee Williams ist es wert im Original gespielt zu werden. Die spannende Verstrickung der vier Charaktere verdient eine liebevolle Studie ihrer psychologischen Konflikte. Das macht Regisseur Clifford Dean am English Theatre in handwerklich sauberer Arbeit. Er hat sich drei Schauspieler für die Hauptrollen ausgesucht, die ihrer Aufgabe in jeder Hinsicht gerecht werden. Mutter Amanda (Julie Bevan) ist von ihrem Leben enttäuscht. Ausgerechnet der Mann, den sie sich unter den zahlreichen Bewerbern auserwählt hatte, hat sich als eine Niete herausgestellt. Nun bleiben ihr nur noch ihre Kinder, um ihrem Leben einen Sinn zu geben. Sie sollen so gut untergebracht werden, dass sie sich beruhigt zurücklehnen kann ihre Pflicht getan zu haben. Doch die Startchancen scheinen nicht rosig: Ihre Tochter (Olivia Dawnay) hat eine Behinderung und ist so schüchtern, dass sie sich nicht aus dem Haus wagt. Ihr Sohn (Michael Lindley) ist trotz Highscoolabschlusses nur Lagerarbeiter geworden, da er seinen Verpflichtungen als Ernährer der Familie gerecht werden muss, nachdem der Vater getürmt ist. Tom träumt sich ebenso weit fort wie er, denn seinen Traum Schriftsteller zu werden, kann er in der Enge der überbehüteten Restfamilie nicht nachgehen. Endlich kann Tom einen Kollegen aus dem Lager zu einem Dinnerbesuch überreden. Die Mutter wähnt in ihm den lang ersehnten Heiratskandidaten für ihre Tochter und stürzt sich in die Vorbereitungen. Nachdem sich herausstellt, dass er bereits verlobt ist, bricht das brüchige Hoffnungskonstrukt zusammen und Tom geht. Die engen Verhältnisse der dreißiger Jahre in Amerika werden in der intimen Atmosphäre des Englischen Theaters für die Zuschauer hautnah erlebbar. Die Mutter nervt durch ihr ständiges Kopf-hoch-Gerede so überzeugend, die Tochter leidet so huldvoll ergeben in ihr Schicksal und der Sohn begehrt so einleuchtend auf, dass man für ihre Entwicklung Verständnis entwickeln muss. Birgit Schmalmack vom 13.2.06
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