KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT |
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Im kleinen Haus am Stadtrand, da wohnt das Grauen
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Die hübsche Kleinfamilie richtet das Abendessen an. Sie erwartet Besuch. Der Sohn hat ein Mädchen eingeladen, sie soll ins Familienleben eingeführt werden. Doch sie ist irgendwie anders, fühlt sich fremd, versteht die Rituale und Spiele nicht. In einer Mischung aus Im weißen Rössl am Wolfgangsee und Das Deutschland von Bonn Park hat Stefan Czura eine Horror-Operette auf dieses "Schland" eingerichtet, die man sich nicht in der ersten Reihe ansehen sollte, bzw. nur mit Spritzschutz. Denn hier fließt das Blut kanisterweise und darf der Zuschauer auch schon mal bei einer Amputation assistieren. Die Spielenden machen das alle mit großer Intensität, tiefgründiger Doppelbödigkeit und böser Ironie, grundiert mit einer tiefen Melancholie. Emulie, die als Neuling in diese deutsche Familie kommt, wehrt sich zu Beginn noch tapfer gegen diese Horrorvereinahmung, doch ihr Widerstand wird mit roher Gewalt gebrochen und so sitzt sie zum Schluss auch lächelnd zwischen diesen grinsenden Gruselgestalten. Die Kombination zwischen der tanzenden Operettenmusik und den Splatterelementen funktioniert hervorragend. Die Bühnen- und Kostümbildnerinnen haben ganze Arbeit geleitstet. Jedes Detail in der Dekoration ist perfekt auf Effekt getrimmt. Die aufgetürmten Frisuren, die kunstvoll absurde Kleidung, die bluttriefenden Organ-Attrappen, die Tupperdosensammlungen und die fahrbaren Einbauküchenschränke. Jedes Detail passt perfekt ins Bild. Die subtilen Gründe für diesen gewaltsamen Anpassungshorror um sich, wie es im Original heißt, der deutschen Mittelmäßigkeit anzupassen, werden hier nur angedeutet. So wird die Lust am Gruseln zu einem Spaß, der den Abgrund unter dieser Oberfläche nur erahnen lässt. Oder ist er so offensichtlich in einem Deutschland der Reihenhäuser, das zunehmend nach rechts rückt, dass er nicht mehr explizit genannt werden muss? Dann wäre dieses Grauen, das keine Ausgangstür mehr hat, wahrhaft angemessen. |
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