Die ach so geliebte Tante Antonida Etcetera liegt im Sterben, so hört man. Jedenfalls denkt das ihr Neffe, der kleine General. Und so macht er sich Hoffnung auf ein baldiges Erbe. Zumal er gehört haben will, dass es ihm zur freien Verfügung stehen und er keinerlei Beschränkungen unterworfen sein werde, was damit zu tun sei. So lädt er die Zuschauenden schon jetzt einmal zu einer angemessen zelebrierten Trauerfeier. Auch wenn er immer wieder aufs Neue zu seiner Trauerrede ansetzen muss, weil ihm die rechten Worte doch etwas schwer fallen. Doch je öfter er ansetzt, desto mehr findet er in seine Rolle hinein. Denn dieses Erbe ist nicht zu verachten, besteht es doch aus drei Dörfern, etlichen Leibeigenen und einigen Fabergéeiern. Da kann man einerseits schon ein paar Tränchen verdrücken, sich aber andererseits im kommenden Lichte des Reichtums und der eigenen Bedeutung sonnen. Nur schade, dass sich im weiteren Verlauf herausstellt, dass die Tante höchst lebendig ist und keineswegs vorhat, ihrem kleinen Generalsneffen etwas zu vererben. Ganz im Gegenteil, sie erklärt die Trauertafel kurzerhand zum Roulettetisch und verspielt mit allen zusammen ihr Erbe. Charlotte Pfeiffer verkörpert gleich beide. Den kleinen General mit heiligem Ernst in strenger Körperhaltung in seinem opulenten Krawattenkostüm. Und die höchst lebendige Tante im wallenden Rüschenanzug zu engem wattiertem Korsett und gefütterten Crocs. Während der Neffe noch im 19. Jahrhundert verhaftet war, ist die Tante ganz von heute. Sie tanzt, rappt und pafft, was der Laufsteg hergibt. An diesem Abend, den das Performance-Kollektiv Frauen und Fiktion als zweiten Teil des Cash Clubs inszeniert hat, konzentriert sich Regisseur und Autor Sahba Sahebi auf die Collage unterschiedlicher Textformen, nämlich auf Fragmente aus Dostojewskis Roman „Der Spieler“ sowie die eigene Textentwicklung. So wurden zwar einige Fragen um das Erben angerissen, aber nicht vertieft. Was bleibt nach dem Ableben? Kann ein Erbe Spuren hinterlassen? Oder ist es besser, alles auf Rot oder Schwarz zu setzen und reinen Tisch zu machen? Doch im zweiten Teil steht das Vergnügen Pfeiffer bei ihrer Performance zuzusehen im Vordergrund. Sie ist mit ihrer Präsenz der eigentliche Star dieses Abends. So bleibt genügend möglicher Inhalt für den noch folgenden dritten Teil des Cash Clubs übrig. Birgit Schmalmack vom 12.3.24
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Die bitteren Tränen einiger ehrlicher Erb*innen im Lichthof, Foto: Paula Reissig
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