Besser werden, Lichthof
Dass Stachelhaus die Rezepte der Erfolgsvermarkter:innen gerade auf dem Gebiet der Kunst untersucht, zeigt den kritischen Blick auf das eigene Metier. Wird doch gerade hier unter dem Motto der Erschaffung von ethisch unbedenklichen, kulturell bedeutenden Werken doch oft die Selbstausbeutung der mitwirkenden Künstler:innenbilligend in Kauf genommen bzw. sogar vorausgesetzt. Das Publikum im Lichthof erlebte einen überaus unterhaltsamen Abend, der im Laufe der fast zwei Stunden immer wieder neue Überraschungen und Erkenntnisse bereit hielt. (Foto: Anja Beutler)
|
Johann Holtrop, Kampnagel
Der reine Schauspielerinnen-Cast ist zuständig für die gesamte Personage des Romans und springt im dauernden Wechsel von einer Rolle in die nächste. Ihre Dialoge werden fast durchgehend in einem Sprechgesang und mit einer speziellen Bewegungschoreographie vorgetragen Dieses Konzept hätte allzu künstlich wirken und die Personen zu Klischeefiguren werden lassen können, doch Bachmann hat genau an den richtigen Stellen, in denen es an die psychologische Substanz geht, den künstlichen Sprachduktus verlassen und den Persönlichkeiten mit all ihren Besonderheiten ihren Raum gegeben. Ein inszenatorisches Highlight des diesjährigen Festivals, das ganz neue Seiten am Altmeister Bachmann zeigte.
|
Entrissene Welten, Lichthof
Jakobi macht kein Hehl daraus, dass sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Vergleichbarkeit der jeweiligen Umstände erhebt. Oder auf eine abschließende Beurteilung. Weder war im Osten alles wunderschön, wie die sowjetische Utopie eines gut versorgten, gleichgestellten Sowjetbürger verhieß, noch war mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Wiedervereinigung nun alles wieder gut. Das machte der Abend über schwere Themen auf spielerisch-leichte Art deutlich.
|
JUDEN, JUDEN, JUDEN, Lichthof
Zimmering und Aloni schaffen es, dass das Ensemble als Gemeinschaft erscheint und dennoch jede und jeder seine ganz eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen kann. Sie finden für alle von ihnen eine Form der Selbstpräsentation, die den Zuschauer:innen das Gefühl vermittelt, elf Menschen persönlich kennen gelernt zu haben, die in keine Klischeevorstellung passen. So wird man hinterrücks und geschickt an den eigenen Erwartungen an einen Abend mit dem Titel "Juden, Juden, Juden" gepackt.
|
Ich bin Lena, Lichthof
Wenn selbst einen Serebrennikov wie zuletzt im Thalia Theater im Wij die Bilder für die Schrecknisse der Gegenwart ausgehen, ist es umso bemerkenswerter, wenn hier am Lichthof ein junges engagiertes Team einen Metablick auf Zerstörung und Transformation wagt und dennoch die Abgründe nie verleugnet. Denn zum Schluss stehen sie alle auf ihren Ausstellungspodesten. Sie sind tot und zu Kunstobjekten geworden. Pralles Theater, das erst einmal zerkaut und verdaut werden muss.(©-Alona-Konovalchuk)
|
Das andere Sprechen, Lichthof
Ein sehr eindrucksvoller, vielschichtiger Abend, der eine wunderbare Bühnenkünstlerin zeigte, die eine Ausdrucksstärke auf die Bühne brachte, die absolut beeindruckte. Wenn man bedenkt, dass sie auch noch Dramaturgie, Konzept, Choreographie und Performance bewältigte, kann man nur sagen: Alle Achtung, ein großes Bühnentalent.
|
Die bitteren Tränen einiger ehrlicher Erb*innen, L
Die ach so geliebte Tante Antonida Etcetera liegt im Sterben, so hört man. Jedenfalls denkt das ihr Neffe, der kleine General. Und so macht er sich Hoffnung auf ein baldiges Erbe. Zumal er gehört haben will, dass es ihm zur freien Verfügung stehen und er keinerlei Beschränkungen unterworfen sein werde, was damit zu tun sei. So lädt er die Zuschauenden schon jetzt einmal zu einer angemessen zelebrierten Trauerfeier. (Paula REissig)
|
Wem gehört das Land?, Lichthof
Schmidt hat für sein Recherchestück mit vielen Expert:innen gesprochen und ihre Aussagen zusammen mit Erfahrungsberichten von Betroffenen auf der Bühne zu 70 prall gefüllten Minuten komprimiert. Man meint alles schon einmal irgendwo gehört zu haben, aber noch nie so verdichtet zu einem Abend. Da ist von modernem Kolonialismus die Rede, von grenzenloser Überforderung der vereinzelten Kleinbauern, von Enteignung durch Vermögende, von der eigentlichen Verpflichtung, Eigentum auch sinnstiftend zu nutzen und von viel Mist, Resignation und Ohnmacht. (Foto: Fabian Raabe)
|
Their future, Lichthof
Antje Velsinger hat mit ihrem Team eine vielschichtige, kluge Bilderwelt zum Thema der Klimagerechtigkeit für zukünftige Generationen gefunden, die viele Fragen anreißt und nie in die Versuchung gerät, auch nur eine davon vorschnell zu beantworten. Zusammen mit ihrem multinationalen Tänzer:innencast aus Korea, Lagos und Deutschland (Marie Klemm, Mihyun Ko, Sunday Israel Akpan), der Sounddesignerin Julia Krause und der Sängerin und Performerin Zola Mennenöh hat sie eine kunstvoll komponierte Atmosphäre des Nachdenkens ohne Schranken erschaffen, in die die Zuschauenden mit eintauchen können. (© Martin Rottenkolber)
|
Studie von G. Anschütz, Lichthof
Hier geht es eher darum, wie die Bilder von Männlichkeit von einer queeren Körperlichkeit überschrieben werden können. Ihre Abarbeitung an den Bildern dieser uniformierten Männlichkeit, die nur ein Ideal für einen Mann kannte, führt zu einer Vielzahl von möglichen Körperbildern, die Männern und Frauen heutzutage zur Verfügung stehen. Das zeigt das Performance-Kollektiv um Marie Simons mit ihrem lebendig gewordenen Bühnen-Comic. Sie erschaffen eine ästhetisch sehr ansprechende, innovative Form, um Bilder nicht eins zu eins zu benutzen, sondern im wahrsten Sinne mit eigenen Vorstellungen zu übermalen.
|
FEEN // FAIRIES, Lichthof
Ein Abend, der irritiert und fasziniert. Statt eine konkrete Entwicklungsgeschichte zu entfalten, die hier tanzend erzählt wird, macht die Compagnie dieses Mal einen weiten Assoziationsraum auf, der viel Platz für die eigenen Bilder im Kopf lässt. Das gelingt, weil aller Performenden (Steven Chotard, Ariadna Gironès Mata, Seung Hwan Lee, Tegest Pecht-Guido, Andreia Rodrigues) nicht nur wunderbar tanzen können, sondern auch ausdruckstarke Darsteller:innen sind.
|
Boy in a white room, Lichthof
Doch neben dieser persönlichen spannenden Geschichte werden viele hoch philosophische und ethische Fragen, die schon jetzt sehr aktuell sind, gestellt. Wunderbarer Diskussionsstoff für das anschließende Gespräch im Foyer, der direkt in ein Problem unserer möglichen Zukunft mit einer sich verselbstständigen KI hineinführt. Ein das Publikum begeisternder Theaterabend im Rahmen der Privattheatertage, der zeigt wie anregend und aktuell Theater sein kann.
|
Best of Baum, Lichthof
Denn dem Baum geht es schlecht. Er wird abgeholzt, er hat Durst, er wird ausgenutzt, ihm wird zu heiß. All das wissen wir, das braucht uns Oliveira als Bäumin gar nicht zu erzählen. Und sie tut es auch nicht explizit. Sie will vielmehr Empathie für den Baum erzeugen, indem sie ihm eine Persönlichkeit gibt. (Foto: Jonas Fischer)
|
Innuendo, Kulturkirche Altona
So haben Regisseurin Lea Ralfs und Autor Jan Geiger einen anrührenden Abend über gesellschaftliche Normen, Ideale, Wendungen, Freundschaften und den Tod erschaffen, der besonders an dem Hamburger Aufführungsort im Rahmen des HauptsacheFreiFestivals in einer Kirche noch einmal zusätzliche Brisanz erhielt.
|
Vom einsamen Sterben, Freie Akademie der Künste
Es ist ein sehr kunstvolles Arrangement geworden, das Helge Schmidt hier mit seinem Team sorgsam eingerichtet hat, um dem wachsenden Problem der Vereinsamung in unserer Gesellschaft, das die Kehrseite der größeren Individualisierung ist, aufzuzeigen. Der unaufdringliche und doch berührende Eindruck, den es auf uns als Zuschauer:innen machte, war so stark, dass nach dem Black am Schluss minutenlang niemand zu klatschen wagte. Man sollte unbedingt die Gelegenheit nutzen, sich diese Theaterinstallation anzusehen. Dazu ist noch am 29.4. und 30.4. ab 19:30 Gelegenheit.
|
Titanic II, Lichthof
So tragen wir in den reichen Industrienationen mit unserem Sandhunger für die Verknappung des Wassers im globalen Süden auch die Verantwortung. So weit, so interessant. Wie nun Markus& Markus aus diesem an sich eher drögen Stoff eine Parallele zum Hollywooddrama Titanic ziehen, ist schon eine reife Leistung.
|
Citrical Zone, Lichthof
Alle sind Teil der selben Schöpfung. Das macht diese kurze, eindrückliche rätselhafte und verstörende Performance "Critical Zone", die er im Lichthof zeigte, sehr deutlich. Die Selbsterhebung der Menschen führt letztendlich zu einer Selbstzerstörung.
|
Dat Leven vun de Liven, Lichthof
In der Sprache begegnen sich Vergangenheit und Zukunft. Denn sie ist ein Kommunikationsmittel, das der steten Entwicklung unterliegt. Obwohl vordergründig erstmal ein nützliches Mittel zum Zweck, ist sie zugleich Trägerin von Tradition, Kultur und Identität. So ist sie hoch aufgeladen mit Gefühlen wie Verbundenheit, Gemeinschaft und Identifikation.
|
|
|
|