Sonnenblumenhaus, EDT

Sonnenblumenhaus, Ernst Deutsch Theater



Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen

Die Umstände um die rassistischen Angriffe in Rostock-Lichterhagen sind immer noch nicht aufgeklärt, gesühnt oder gar entschädigt. Umso wichtiger wenn sich ein Theaterstück um die Hintergründe aus Sicht der Opfer bemüht. Dan Thy Nguyen und Iraklis Panagiotopoulos haben das mit ihrem Doku-Stück "Sonnenblumenhaus" getan, das seit 2014 durch die Bundesrepublik tourt. Nur in Rostock wurde es noch nie aufgeführt.
In diesem Stück kommen die vietnamesischen Überlebende des Progroms zu Wort, die neben den Asylbewerbern zu Opfern der Neo-Nazis in Lichterhagen wurden. Hunderte von ihnen gingen zwischen dem 22. und 26. August 1992 zum Angriff erst auf die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und dann auf ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter, dem so genannten "Sonnenblumenhaus", über. Die Polizei war nicht dazu in der Lage sie davor zu schützen, dass die Neo-Nazis Molotow-Cocktails auf das Haus warfen und es so in Brand setzen. Erst als die Vietnamesen sich in das nächste Haus retten konnten, wurden sie mit Bussen evakuiert.
Das Stück beginnt jedoch viel früher. Es erzählt die Geschichten von hauptsächlich drei Vietnamesen/innen aus ihrer Kindheit im Vietnamkrieg, ihren misslichen Bedingungen als ausgebeuteten Vertragsarbeitern in der DDR, ihren Beschränkungen durch die deutsche d ihre vietnamesische Umgebung und schließlich von der aufgeheizten Stimmung der Nachwendezeit im Osten. Immer waren sie Opfer der Umstände. Doch sie waren auch Kämpfer, nicht nur im Vietnamkrieg sondern auch in ihrem späteren entbehrungsreichen Leben. So sollten sie auch dazu in der Lage sein, sich aus eigener Kraft aus der Todesgefahr zu retten.
Nguyen schafft es dem historischen Ereignis persönliche Geschichten zu geben. Doch er macht mit seinen drei Darstellern stets deutlich, dass sie nur das Sprachrohr sind. Er verlässt nie den dokumentarischen Charakter seiner Textvorlage. Die Schauspieler wechseln stetig ihre Rollen und dürfen wenig Emotionalität an die Oberfläche dringen lassen. Dennoch berührt der Abend stark, denn die Fakten sprechen für sich. Jeder ist aufgerufen, seinen Kampf gegen Rassismus nicht nur der Politik oder der Antifa zu überlassen. Damit es nicht wieder zu einem Rostaock-Lichterhagen, Hoyerswerda oder Mölln kommt.
Birgit Schmalmack vom 11.4.18


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