Wir Glücklichen, Feine Künste Intimes Beziehungsspiel
Walt und Irma kennen sich seit 30, nein sogar 35 Jahren. Ihre Beziehung dümpelt in fest gefügten Rollenbildern vor sich hin. Das wird schnell deutlich, als die kapriziöse Schauspielerin mit großen Auftritt in die Wohnung ihres Managers Walt eintritt. Wie stets ergießt sie sich über den Dilettantismus ihrer derzeitigen Kollegen, über die zu geringe Anerkennung als Künstlerin und über mangelnde Aufmerksamkeit von Walt. Walt agiert gleichfalls wie gewohnt: mit vordergründig höflicher und ironisch unterfütterter Gleichgültigkeit. Zwischen roten Sofa und antikem Schreibtisch auf der winzigen Treppenbühne des Zimmertheaters Feine Künste umkreisen sie sich in bewährter Manier, die jeden Tiefgang vermeidet. Small Talk beherrschen sie beide. Doch Irma will mehr. Bist du eigentlich glücklich? fragt sie irgendwann, nachdem Walt sie schon zweimal zur Tür herausbefördert und sie wieder unter einem durchsichtigen Vorwand zurückgekommen ist. Mit dieser Frage lockt sie Walt aus der Reserve. Sein chauvinistische Überlegenheit bröckelt. Er gesteht Irma, dass ein Ereignis vor wenigen Stunden ihn völlig durcheinander gebracht hat. Eine erwachsene Tochter, von deren Existenz er bisher nichts wusste, stand plötzlich vor seiner Tür. Irma wiederum hat ein noch überraschendes Geständnis für Walt parat. So landen die beiden unerwarteter Weise in einem ehrlichen Gespräch darüber, wie ihr Leben hätte laufen können, wenn sie mehr Mut, mehr Vertrauen, weniger Egoismus und weniger Ruhmsucht besessen hätten. Unter der Regie von Jens Paarmann laufen Christa Krings und Oliver Törner zu Höchstformen auf der intimen Bühne auf. In scheinbar höchst natürlich entwickeltem Zusammenspiel umrunden sie sich auf der Mikrobühne wie tänzelnde Ringkämpfer. Das Stück von Tilla Lingenberg ist den beiden Schauspielern wie auf den Leib geschrieben. So kommen auch die sängerischen Talente von Krings und Törner zur Geltung. Wenn sie zum Schluss zum versöhnlichen "It's cold outside" auf dem Sofa in trauter Umarmung zusammenfinden, ist sowohl Melancholie, Abgeklärtheit, Vertrautheit und Intimität ganz ohne Worte zu spüren. Birgit Schmalmack vom 17.4.19
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