Die Herausforderung des Fremden
Das drei mal zwei Meter großes Viereck aus roten Kunstsand steht für Afrika. Der weiße Belgier Oscar van Rompay wird zum Afrikaner, indem er sich mit einer Spritzpistole schwarz einfärbt. Er übt sich in afrikanischen Bewegungen, Lauten und Tänzen. Sein belgisches Alter Ego berichtet über eine Einspielung von der unglaublichen Düsternis, von der Stille, von der Überwältigung des Menschen durch Landschaft, Flora und Fauna, die ihn unweigerlich in die Knie zwingen muss, wenn er nicht zu einem Teil von ihr wird. Der schwarze Oscar wird zum Kenianer, die jedem Fremden seine Gastfreundschaft in gebrochenem Englisch anbietet und ihn an seiner Lebensfreude teilhaben lässt. Die belgische Tonspur berichtet vom Eintauchen in die totale Sinnlichkeit beim Tanzen mit den Afrikanern. Jede Bewegung versprüht eine Erotik, die weit über alle sonstigen Gefühlserlebnisse hinausweist. Parallel dazu versinkt der schwarze Oskar in seinem Afrikageviert in ekstatische Tanzeruptionen im Diskolight. Dann steigt Oskar unter die Dusche, in seine europäischen Klamotten und aus seinem Afrikavorstellung aus. Er tritt direkt vor die Zuschauer und berichtet ungefiltert von seinen Erlebnissen und Erfahrungen in Kenia. Denn der belgische Schauspieler ist gleichzeitig ein kenianischer Farmer, der eine Hälfte des Jahres in Afrika verbringt. Obwohl er dort immer wieder auf sein Anderssein zurückgeworfen wird, kann er von Afrika nicht lassen. Er lebt zwischen den beiden Welten, die nichts miteinander gemein haben. Sie stehen sich in ihrer Erfahrungswelt diametral gegenüber und Oscar hat erkannt, dass beide Teile braucht um sich als ganzer Mensch zu fühlen. Er ist sich in beiden Welten beheimatet, aber nirgendwo zuhause. Ist er in Belgien, vermisst er Afrika. Ist er in Kenia, vermisst er Europa. An einem Beispiel macht er deutlich, was er damit meint: Wie sieht die ideale Frau aus? So körperbewusst und sinnlich wie eine Afrikanerin und gebildet und eloquent wie eine Europäerin, ist seine Antwort. Autor und Regisseur Peter Verhelst macht aus der autobiographischen eine theatrale Suche nach dem eigenen Platz. Der Reiz des Fremden und die Angst vor dem Fremden, die Geborgenheit und Langeweile im Gewohnten und die Überforderung und Bereicherung durch das Unbekannte sind die Pole, zwischen denen sich dieser Suchende bewegt. Birgit Schmalmack vom 31.1.15
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Afrika vom NT Gent von Peter Verhelst
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