Platanow, Deutsches Theater |
||
Die Bühne als Altersheim
|
||
Naturalistisches Theater auf einer deutschen Staatstheaterbühne, das hat man schon lange nicht mehr gesehen. Doch hier im Deutschen Theater ist jede Falte, jede schlaffe Wangenpartie, jeder krumme Rücken und jede Schwerfälligkeit bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Jedes Buch, jeder Blumenstängel, jeder Faden der Lurex-Blusen und jedes Einstecktuch sorgsam ausgewählt. Sogar der schmierige Dreck auf den Bogenfenstern scheint sorgfältig aufgebracht zu sein. In dieses Seniorenheim schneit eines Tages der heiß ersehnte und umschwärmte Provinzschauspieler Platanow (Alexander Khuon) herein. Allesamt sind die Bewohner:innen hier alternde Bühnenmenschen, die von ihrer so viel besseren Zeit auf der Bühne träumen. Doch Platanow spielt für sie in einer anderen Liga. Während die anderen vor sich hin dämmern, gibt er immer noch den Agilen, der weiterhin das Spiel sucht. So bringt er innerhalb weniger Tage das wohl geordnete Arrangement der Beziehungen im Heim durcheinander. Trotz seiner anwesenden Ehefrau (Linn Reuse) bezirzte er drei weitere Damen gleichzeitig. Seiner alten Jugendliebe Sofia (Brigitte Urhausen) schwört er Liebe, der selbstbewussten Diva Anna (Katrin Wichmann) ewige Freundschaft und die übersensible Soubrette Maria (Birgit Unterweger) küsst er. Obwohl er mit allen Männern, die mit diesen Frauen schon vor seiner Ankunft verbandelt waren, befreundet ist, braucht er dieses Spiel mit den Emotionen, um die Leere seines Lebens zu füllen. Platanow scheint äußerlich wie ein agiler Lebemann, doch innen ist er völlig hohl. Er ist eine reine Projektionsflache der Anderen um ihn herum. |
Platanow, DT Foto: Arno Declair |
|
(C) 2006 - Alle Rechte vorbehalten |