Virtuelle Liebesromanze ohne Happy-End Der eine braucht eine Marlenverarbeitungstherapie, die andere eine Auszeit vom Ehealltag einer Patchworkfamilie mit zwei geerbten Kindern. So gehen Emmi und Leo auf den zufällig entstandenen Emailkontakt ein. Die virtuelle Begegnung erlaubt einen Flirt mit dem Unbekannten und vorerst Unerreichbaren. Wahrscheinlich ist die Fantasie-Emmi besser als die reale Emmi und so schiebt man einen Transfer in die Realität immer weiter hinaus. Die Erotik der erträumten Möglichkeiten erscheint so viel attraktiver als die mögliche Enttäuschung. „Telefonsex ohne Telefon und ohne Sex“, nennt Emmi das einmal. „Sätze sind wie Küsse“, findet daraufhin der wortgewandte Leo. Leise rieseln die virtuellen Schneeflocken auf der Projektionsrückwand und geben Raum für Träume, in denen Emmi und Leo miteinander tanzen. Nach Monaten der virtuellen Flirterei wächst die Neugier und es wird ein Treffen verabredet. Doch dann bekommt die verheiratete Emma Angst vor der Emmi, die sie sein könnte, und sagt ab. Der Erfolgsroman von Daniel Glattauer beschreibt auf unterhaltsame Weise den Kitzel der Möglichkeiten, die nicht umgesetzt werden müssen. In der szenisch geschickt bearbeiteten Bühnenfassung, die Lars Ceglecki im Horner Theater Das Zimmer zur Premiere gebracht hat, glänzen Sandra Kiefer und Stephan Arweiler als hervorragend besetztes, rein virtuelles Paar. Auf dem gemeinsamen weißen Bettpodest mit den riesigen Kissenbergen sind sie sich nah und bleiben sich dennoch fern. Das Publikum im voll besetzten Zimmertheater war zu Recht begeistert von der punktgenauen Inszenierung, die viel Raum für die eigenen Fantasien ließ. Birgit Schmalmack vom 22.9.17
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