Woyzeck

Woyzeck
Aus dem Netz gefallen
Ein riesiges Netz ist quer über die Bühne gespannt. Es kann Woyzeck (Felix Knopp) und Marie (Maja Schöne) ein gemütliches Bett bereiten. Es kann ihnen einen Leiter zum Emporsteigen sein. Es kann sie aber auch durch das gesellschaftliche Raster fallen lassen. Bühnenbildner Florian Löscher hat mit der Regisseurin Jette Steckel eine wunderbar prägnante Ausdrucksform für Woyzecks Lage gefunden. Tom Waits Musik liefert dazu die passende düstere Stimmung.
Der Hauptmann (Philipp Hochmair) und der Arzt (Tilo Werner) hängen hoch oben in dem aufrecht gestellten Netz. Sie schweben über dem von unten zu ihnen heraufblickenden Woyzeck. So treiben sie von oben herab ihre Scherze mit ihm.
Marie krabbelt mit zaghaften Schritten das schräg gestellte Netz empor, lässt ihre Beine baumeln, als sie endlich sitzt. „Ich bin doch ein schlechter Mensch!“ erkennt sie selbstkritisch und duckt sich herunter. Um gleich darauf aufzubegehren „Ich bin auch nur ein Mensch!“ und das Netz mit heftigen Stößen zum Schwingen zu bringen.
Woyzeck liegt allein auf dem Netz. Es senkt sich und fängt die unten ihm stehenden Menschen ein. Sie tauchen zuerst mit ihren Köpfen ins Netz ein, ragen bald mit ihrem ganzen Körper aus den dehnbaren Vierecken und werden so plötzlich für Woyzeck sichtbar. Als das Netz unten angekommen ist, stehen sie alle in ihren Karos auf dem Boden. Es hält sie in ihrem Bereich umfangen und bietet doch keinen sicheren Halt. Es bietet Ordnung aber keine Sicherheit.
Von Ärzten zu Experimenten missbraucht, von seinem Hauptmann herumkommandiert, so wird Woyzeck durchs Leben geschubst. Als sich seine Marie dann auch noch dem Tambourmajor (Josef Ostendorf) mit der dicken Trommel zuwendet, bricht er aus seinem Kokon der Duldsamkeit aus.
„What is the matter with love with live, when we all must die?“ klagt Woyzeck nach seiner Tat. Schlaff hängen Maries Arme und Beine da schon durch die Maschen. Sorgsam lässt Woyzeck sie auf den Boden herab und sich selbst hinterher. Nebeneinander liegen sie nun so friedlich vereint wie selten im Leben.
Wunderbare Bilder, schöne melancholische Musik von Tom Waits, tolle Schauspieler: Thalia at his best!
Birgit Schmalmack vom 27.5.10


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