Happiness Verpflichtung zum Glücklichsein
Gibt es einen anderen? Nein, es liegt nur an dir. So knallhart kann die Beendung einer Beziehung formuliert werden. Joy (Natali Seelig) will sich von Andy (Harald Baumgartner) trennen. Ausgerechnet das „Happies“ hat sie sich als Ort dafür auserkoren. Am Ende wird sie wieder im „Happies“ sitzen: Diesmal mit Allen (Peter Moltzen), dem dauerwichsenden Nachbarn, der es eigentlich auf ihre schöne, erfolgreiche Schwester Helen (Anna Steffens) abgesehen hatte. Nun muss er mit der Gitarre spielenden Hippieschwester vorlieb nehmen. Helen, die Männer im Überangebot haben könnte, vermittelt sie gerne die Ausschussware an die weiblichen Mitglieder in ihrer Familie, die im Moment unbemannt sind. Im Wettlauf um das größte Glück schlagen die drei Schwestern der Jordans einen sehr unterschiedlichen Weg ein: Trish hat alles, was eine amerikanische Frau in New Jersey erreichen kann: einen Mann, den sie liebt, drei Kinder, ein Haus, einen Wagen. Die zweite, die umschwirrte Schriftstellerin Helen beneidet sie hin und wieder, wenn sie über die Leere in ihrem erfolgsverwöhnten Leben zwischen Interviews, Lesungen und Dates räsoniert. Joy, die jüngste von ihnen, versucht einfach ein guter Mensch zu sein. Mit kindlicher Naivität versehen stolpert sie in Beziehungen und Jobs, in denen sie letztendlich auf der Verliererseite bleibt. Auch ihre Eltern scheinen im Glückswettlauf nicht auf den besten Plätzen zu liegen. Nach gut vierzig Jahren Ehe beschließt der Vater (Markwart Müller-Elmau), dass er einfach nur alleine sein will und trennt sich von seiner Frau (Angelika Thomas). Dann werden die Risse in Trish’ Familienglück überdeutlich. Sie erfährt, weshalb ihr geliebter, treu sorgender Ehemann Bill (Helmut Mooshammer) nie die rechte Lust auf Sex mit ihr verspürte: Seine Begierden richteten sich eher auf kleine Jungen. Plötzlich findet sie sich auf einer Stufe mit ihrer Schwester Joy wieder, für sie zuvor noch jede Menge Lebensweisheiten parat hatte. Doch wie pflegte sie damals so schön zu sagen: Gut, dass man eine Familie hat. Auch wenn man keinen Kontakt hat, sich nicht versteht, gehört man doch zusammen. Ohne eine Spur von Missgunst wiederholt jetzt Joy ihren Ausspruch. Der Ort des Geschehens (Bühne: Thomas Rupert) spricht von schwülem Kommen und Vergehen: Alle leben in einem riesigen Gewächshaus zwischen Blumenranken, Topfpflanzen und Farnen. Hier schießen nicht nur die Pflanzen ins Kraut sondern auch die Begierden. Beschmutzt von ständigem Naturkontakt sind die Spuren unübersehbar. Die Kleidung hat Flecken, die Haut ist erdverschmiert und die Wärme hinterlässt Schweißränder. Der Gedanke an Sex scheint in diesem Klima bestens zu gedeihen. Alice Zandwijk vollbringt das Wunder den Figuren jederzeit ihre Würde zu belassen, auch wenn sie ihren Trieben freien Lauf lassen. Es wird von Mord, Sex mit Kindern, Vergewaltigung erzählt und dennoch verliert man nie die Sympathie für die Personen. Die Textfassung von John von Düffel lässt die Dialogen gekonnt zu einen stimmigen Bühnengeschehen zusammenwachsen. Die Gleichzeitigkeit auf der Bühne wirkt nie aufgesetzt. Sie entwickelt sich so natürlich wie das Pflanzenwachstum in dem Gewächshaus. Auch die beiden jugendlichen Schauspieler (Simon Jensen, Vincent Heppner) sind hervorragend. Das Thalia Ensemble sowieso. Birgit Schmalmack vom 23.9.08
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