Die Glasmenagerie Cristin König (Amanda Wingfield), Ninja Stangenberg (Laura Wingfield), Ronald Kukulies (Tom Wingfield), Andreas Pietschmann (Jim O'Connor) und die Musikerin Maike Rosa Vogel. Ein Zaun schützt die Familie Wingfield vor der grausamen äußeren Welt der amerikanischen Wirtschaftskrise. Notdürftig aufgehübscht ist die rohe Bretterwand mit einem buntgeblümten Bettlaken. Doch Tom schätzt die Beschaulichkeit der trauten Klein-Familie aus hysterischer Mutter und zurückgebliebener Schwester wenig. Er wünscht sich nichts dringender als die Flucht. Doch das unrühmliche Vorbild seines Vaters, der seine Familie früh im Stich gelassen hat, hielt ihn bisher noch davon ab. Doch als Tom das Geld für die Stromrechnung als Bewerbungsgeld für die Handelsmarine verwendet, geht das Licht aus, knallt die Bretterwand zu Boden und die offene Drehbühne zeigt die nackte Welt. Eine brennende Blechtonne spendet fortan die Wärme und die Schreibmaschine erschafft nun neue Lebensräume – zumindest für Tom. Regisseur Milan Peschel wertet die Rolle des Familienbesuchers Jim in seiner Inszenierung auf und schenkt ihr damit eine der schönsten Momente: Jim, der von der Mutter als Mythos der Erretters für die Tochter hochstilisiert wird, erscheint als ebenso bedürftiges Wesen wie Laura. Sechs Jahre nach seinem super High School Abschluss träumt er immer noch als einfacher Lagerarbeiter von der großen Karriere. Mit nervösem Zuckungen und Stotteranfällen bei jedem Fremdwort analysiert er wahrscheinlich deswegen die Minderwertigkeitskomplexe von Laura so gekonnt, weil sie ihm selbst nicht ganz fremd sind. So wird eine Begegnung auf Augenhöhe zwischen den Beiden möglich und kommt bei einem Engtanz bei Kerzenschein auf der sich drehenden Bühne auf Touren. Umso größer ist die Fallhöhe für Mutter und Tochter, als herauskommt: Jm ist bereits vergeben. Die autobiographische Sicht von Tennessie Williams auf die Anfänge seines Schriftstellerlebens in „Die Glasmenagerie“ kleidet Peschel in klare, schlüssige Bilder. Sentimental und unrealistisch werde seine Geschichte sein, kündigte Tom (Tennessie) zu Beginn an. Als Stück der Erinnerung brauche es dringend Originalmusik. Die kommt in diesem Fall live von der grandiosen Musikerin Maike Rosa Vogel, die Texte von Williams selbst vertonte, singt und spielt. Ninja Stangenberg ist eine schöne, zaghafte, in sich verkrochene Laura, die ganz bei sich und ihren Glastierchen bleibt und daraus eine Stärke gewinnt. Christin König ist eine völlig überdrehte, hysterische, keifende Amanda, der man kaum sympathische Züge abgewinnen mag. In ihren ständigen Wiederholungsschleifen, mit denen sie ihre Kinder traktiert, glaubt man Tom, dass er sie unbedingt fliehen muss. Tom ist der gelangweilte, aus der Rückschau in die Jahre gekommene Schriftsteller, der die Verbindung zu seinen Ursprüngen verzweifelt zu kappen wünscht. Wenn er sich auch frei zu schreiben versucht, so gelingt es ihm nicht ganz. Seine Schwester wird ihm seit seines Lebens immer über die Schulter blicken. Doch die findet ihren eigenen Trost: in ihrer Glasmenagerie. Birgit Schmalmack vom 13.4.10
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