Körber Studio Junge Regie

Körber Studio Junge Regie
Ein paar Festival-Impressionen
Zwei polnisch sprechende Rumänen
Nach einer Party finden sich Gina und Pascha total zugekokst in der polnischen Pampa wieder. Sie haben in ihrem Zustand Begegnungen, die haarscharf zwischen Wahnvorstellungen und Realität pendeln. Katharina Herold von der Münchner Otto-Falckenberg-Schule inszenierte das Stück „Zwei arme, polnisch sprechende Rumänen“ als trashiges, überdrehtes Roadmovie zwischen riesengroßen Sperrholz-Wunderbäumen, Kunstschnee und einem Klavier. Etwas eindimensional waren die Charaktere gestrickt: hier dummes Weibchen im Glitzerkleid, dort derber Macho im Hasenkostüm, beide inmitten klischeehafter Provinzler in billiger Stangenkleidung. Der Witz des Textes von Dorota Maslowska reichte so nicht ganz für die 80-minütige Aufführung.
4.48 Psychose
Zwischen Wahn und Realität
Berührend, beklemmend und doch nie ganz greifbar, bleibt das, was Sarah Kane in ihrem autobiographischen Text „4.48 Psychose“ aufgeschrieben hat. Sie gibt Mitteilungen über den Zustand einer Person, deren Körper und Seele auseinander gefallen sind. Ihre Entscheidung zum Selbstmord ist schon lange getroffen. Hier geht es um eine Bestandsaufnahme und die Berichterstattung für die Nachwelt.
Regisseur Pedro Martins Beja lässt die drei Schauspieler folgerichtig in einer meist wenig erleuchteten Box spielen. Die Schauspieler und Zuschauer trennt eine Spiegelwand, die bei Gegenlicht transparent werden kann. In ein kleines Zelt igeln sich die Spieler zu Selbstreflektionen ein. Ganz auf sich und die Diskussionen in ihrem Kopf zurückgeworfen sind sie zu einer Kommunikation mit einem Gegenüber nicht mehr in der Lage. Auch die Gespräche mit dem Arzt finden wohlmöglich nur in ihrem Innern statt. Folglich werden auch diese Passagen wechselnd von den drei Schauspielern gesprochen.
Bejas Inszenierungskonzept leuchtet ein; es ist soweit schlüssig und vielschichtig. Das Mittel, das er jedoch zur Verdeutlichung des Schmerzes der Selbstmörderin gewählt hat, erscheint dagegen leider sehr eindimensional. Um ihre Qualen nachempfinden zu lassen, mutet er den Zuschauern weitere zu: Sieben Minuten haben sie ohrenbetäubende, nervtötende Krachkompositionen zu ertragen. Dieser Einfall war überflüssig. Auch so hätte man verstanden, warum sich in den letzten 10 Sekunden die Spiegelwand kurz hob, bevor das Licht verlosch und die Gesichter zu den Stimmen langsam verschwanden.
Birgit Schmalmack vom 21.3.10


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