Stille Rebellen Notwendige Konfrontation mit der Vergangenheit Die leere schwarze Bühne. Ein Lichtstrahl an hinteren Bühnenrand. Eine Frau fegt mit dem Rücken zu den Zuschauern mit langsamen, stockenden Schritten Papierfetzen zusammen. Eine andere Frau kauert sich auf den Fußboden und schrubbt Löffel lust- und kraftlos sauber. Zwei Frauen im Arbeitslager Mechelen. Sie waren zusammen in Brüssel Teil einer Widerstandsgruppe gegen die Nazis und treffen unerwartet nach ihrer Verhaftung im Lager wieder aufeinander. Ihre Deportation nach Auschwitz steht kurz bevor. Doch für diese beiden Frauen wird das Unglaubliche wahr: Drei junge Männer der Brüsseler Untergrundgruppe überfallen den Zug und Hunderte von Juden können dem sicheren Tod entkommen. „Stille Rebellen“ erzählt nach der Dokumentation von Marion Schreiber von dem tatsächlichen Geschehen in Belgien. Die Schauspielfassung von Andreas Lübbers für das Hamburger Sprechwerk widmet sich jedoch nicht nur den dramatischen Ereignissen des Überfalls, sondern nimmt sich die Zeit die Vorgeschichte der jungen engagierten Leute um den Künstler und Idealisten Marcel ab 1940 aufzublättern. Ihre Ideologien schwingenden Reden müssen erst im Verlauf der Entwicklungen zu Taten werden. Dass braucht seine Zeit. In „Stille Rebellen“ wird das perfide, bis in letzte Detail durchgeplante System der Nazis gegen die persönliche, individuelle Menschlichkeit der Belgier gestellt. Dieser Kontrast kennzeichnet das Verhalten der Deutschen einmal mehr als barbarisch. Durch das Hinzunehmen der großen Bühne eröffnete sich die Regisseurin Konstanze Ullmer im zweiten Teil nach der Pause einen zusätzlichen künstlerischen Zugang, der auf den Gerüsten der kleinen Seitenbühne nicht gegeben war. Die Zuschauer erlebten im Sprechwerk ein spannendes, sauber dokumentiertes Stück Zeitgeschichte, das durch seinen Inhalt berührte. Birgit Schmalmack vom 9.9.08
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