Die Marx-Saga Out of Order Die Wahrheit über Marx Der Journalist will die Wahrheit herausfinden, der Verleger (Bruno Cathomas) ist auf spannende zu Herzen gehende Geschichten aus. Der alt gediente Marx nimmt ihre Aufmerksamkeit gelassen hin. Scheinbar gleichmütig prallen die verschiedenen Vorstellungen an seiner gut gepolsterten äußeren Hülle (Josef Ostendorf) ab. Marx kann die neuerlichen Hinterfragungen seiner Ideen getrost hinnehmen, weiß er doch, dass die Geschichte noch nicht an ihrem Ende angekommen ist. Oder wie seine Frau Jenny (Oda Thormeyer) meint: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten!“ Sein Gegenspieler, der unersättliche Kapitalist (Bruno Cathomas) , entlarvt sich derweil selbst. Er klagt zwar lauthals Marx der Propagierung von Unfreiheit und Staats-Despotismus an, doch es schließlich ist seine alles verschlingende Gier, die heutzutage vielen Menschen ihre Lebensgrundlage entzieht. Er steht für die Besitzenden, die sich heute statt der Besitzlosen zu einer Solidarität zusammen geschlossen haben, die die Gegenseite ohne Macht dastehen lässt, da sie ohne Geld und dessen Einflussnahme sind. Der Kapitalist ist ein Clown, der sich seine Maske selbst vom Gesicht nimmt. Feixend, sabbernd giert er nach immer mehr. So sieht es aus, wenn die Gegeninternationale regiert. Christiane Pohle hat für das Thalia Theater die Marx-Saga nach dem Roman von Juan Goytisolo in Szene gesetzt. Die Bühne ist schwarz und leer. Eine Flughafen-Anzeigetafel offenbart: Out of order. Hier steigt kein Flieger mehr in die Luft. Nur Rikschas stehen parat, um die, die es sich noch leisten können, herumzufahren. Der Wunsch des Verlegers nach saftigen Storys für das Publikum verhallt ungehört. Der Journalist (und die Regisseurin) lassen stattdessen nacheinander Marx, seine Frau, seine Kinder und seine Haushälterin auftreten und zu Wort kommen. So entsteht ein Bild eines Mannes, der ganz seiner Vision einer besseren Welt lebte. Dass er dabei seine Familie zu darbenden Mitarbeit verpflichtete, scheint ihm keiner von ihnen übel zu nehmen. Da mag die gescheite Frau Professor aus der Gegenwart (Franziska Hartmann) noch so sehr die traditionellen Rollenzuschreibungen, die auch im Haus Marx nicht in Frage gestellt werden, anprangern. Der Stoff ist aktuell, keine Frage. Doch so recht will der Funke bei dem Abend im Thalia nicht überspringen. Zu bruchstückhaft bleiben die Ansätze, in denen sich Pohle dem Marx-Mythos annähert. Das wirkt nicht dialektisch sondern eher beliebig. Doch es ist noch nicht zu spät für Ideen Marx: „Under construction“ tröstet die Anzeigetafel zum Schluss. Birgit Schmalmack vom 14.1.10
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