Kontrollverlust

Kontroll/ver/lust
Die diesjährigen Diplomarbeiten standen unter dem Thema: Kontoll/Ver/Lust. Einen spannenden Text hatte sich die Diplomantin Brit Bartowiak ausgesucht: von Anja Hilling „Schwarzes Tier Traurigkeit“. Sechs Freunde machen einen Waldausflug. Mit einer Fahrradtour und anschließender Übernachtung in der freien Natur wollen sie ihrer noch unverbrauchten Abenteuerlust und Lockerheit Ausdruck verleihen. Jeder der thirty-somethings ist mehr oder weniger erfolgreich, hat ein paar Lebenserfahrungen gesammelt, ist ein wenig klüger geworden, hat Beziehungen abgeschlossen, neue aufgenommen und ist halbwegs zufrieden. Doch in diesem Wald passiert etwas, was ihr Leben nie mehr so sein lässt wie zuvor: Sie geraten in einen Waldbrand.
Zunächst kommen die Sechs auf Rädern durch die Seitentür des Malersaals hereingefahren und kurven fröhlich juchzend zwischen den schräg aufgestellten Holzbrettern herum. Doch nachdem sie ein wenig von ihrem Leben berichtet haben, wechselt die Stimmung schlagartig von der fröhlichen Betriebsamkeit zu schwarzer Totenstille. Vereinzelt im Schreckensgebiet verstreut wird bei dann schwacher Beleuchtung durch die Lampen der Fahrräder vom weiteren Verlauf des Geschehens erzählt. Zum Schluss hocken sie vereinzelt zwischen den heruntergefallenen Brettern und ziehen eine vorläufige Bilanz. Was die Katastrophe mit den sechs jungen Leuten und ihren Beziehungen untereinander macht, zeigte die Inszenierung überaus eindrucksvoll.
Der Gewinner des diesjährigen Körber Regie Festivals Daniel Pflüger zeigte im Malersaal eine weitere Probe seiner Arbeit: Mit drei Schauspielern spürte er den verschiedenen Rollenbilder für Männer in der heutigen Gesellschaft nach. Nicht ganz so intensiv wie in seinem Siegerstück Metamorphosen gelang ihm dieses Mal das Aufzeigen der Beziehungskonstellationen. Unter den aufgehängten Metalltoren agierten die jungen Männer mit Esprit und Verve. Es entsteht ein Mosaik an Bewegungs- und Texterprobungen, die immer wieder an einen Punkt gelangen, wo sie sich ihrer eigenen Denkschranken bewusst werden, um sich dann in einem Song von Joy Division zu entladen.
Birgit Schmalmack vom 29.4.09


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