Shakespeares Sonette
Kleine Nullen sich im Aufwind blähen. Kunst gestopft das Maul vom Apparat
Kleiner schwarzer Kobold Drei weiße Gestalten stehen an drei weißen Zapfsäulen Die Liebe wie ein Gewitter, wie ein Schlagabtausch, wie eine Tänzelei Mein böser hat den guten Geist gefeuert. Die Fliegenklatsche entschwebt.
Eva steht hinter dem Baum der Erkenntnis, in der einen Hand die Schlange und der anderen den Apfel Kein Bild schenkt mein Auge dem Herzen seit du mich verlassen Leichtfüßig Liebesengel Erdbeersinnlichkeit 400 Jahre Sonette Schrottauto aufgespießt auf Baumstumpf Ich sehe besser mit geschlossenen Augen Wie soll ich meinen Augen trauen (2 Räder)
Bildgewaltige Traumwelten Mein warst du nur im Traum. Schlief ich bei Nacht, war ich ein König. Nichts - wenn ich erwache. Robert Wilson entführt in seinen Arbeiten in ein Zauberreich der Bilder. Zurzeit tut er dies Im Berliner Ensemble mit Hilfe von Shakespeares Sonetten. Obwohl wie die mitwirkende, Umbaupausen füllende Gorgette Dee immer wieder bedauerte: „Schon 400 Jahre Sonette, dabei ist doch so schönes Wetter!!“, erfindet er Traumspiele zu den immer gültigen Themen wie Tod, Liebe, Sehnsucht, Vergessen und Vergehen. Sie werden bei ihm mit dem altersmäßig sehr gut durchmischten Ensembles zu einem Bilderkabinett der Überraschungen. Vor weißer oder schwarzer Kulisse zaubert er mit ständig verändertem Licht einen Erzählstrang, der weit über das Textliche hinausweist und eine surreale Fantasiewelt zu den Gedichten Shakespeares erschafft. Als Schattenspiel kommen die aufwändig kostümierten Figuren auf die Bühne. Ihre markanten Formen, Haltungen und Bewegungen kommen im Gegenlicht gut zur Geltung. Nur langsam schälen sich durch Lichtkegel einzelne Elemente heraus. Behutsam schiebt sich ein Fuß in die Kulisse. Zaghaft rollt ein riesiges Rad durch einen Kulissenschlitz auf die Bühne. Oder das Metallskelett eines abgewrackten Autos erscheint als schwarzer Schattenriss. Dass es von einem Baumstumpf aufgespießt wurde, wird erst bei hellerer Beleuchtung deutlich. Die Musik von Rufus Wainwright sorgt für weitere Überraschungen. Scheint er sich zu Beginn von der Zeit Shakespeares zu heiterer Tanzmusik anregen zu lassen, so beweist er im weiteren Verlauf des dreistündigen Abends, dass er auch elektronisch und rockig kann. Variantenreich sorgt er mit seinen versierten Musikern für die sanften, beschaulichen, abgründigen und aufrüttelnden Stimmungen, die die Bilder von Wilson benötigen. Die Zusammenwirkung mit dem Ensemble ist beeindruckend. Wie Jürgen Holtz als Queen Elisabeth I. und II. würdevoll mal in roter Robe und mal mit Handtäschchen über die Bühne schreitet, ist ebenso sehenswert, wie wenn Georgius Tsivanoglou als beleibter, aber leichtfüßiger Liebesengel Pirouetten dreht. Inge Keller und Ruth Glöss sind mit ihren außergewöhnlichen Stimmen ebenso unverzichtbarer Betandteil wie die jüngeren Ensemblemitglieder, die mit ihren kantigen Bewegungen der besonderen Choreographie Wilsons Ausdruck verliehen. Ein atemberaubender wunderschöner Theaterabend, der bei jedem Sehen andere Bilderwelten im Kopf erzeugen wird.
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