Der Traum ist aus, aber ich werde alles tun, damit er Wirklichkeit wird. Rio Reiser wollte die Welt verändern. Dafür ging er mit seiner Band „Ton, Steine, Scherben“ auf die Bühne und forderte: „Keine Macht für Niemand!“ Doch seiner späteren Solokarriere wurde immer klarer: Eigentlich ist er viel ein träumerischer Mann, als seine lauten, deutschen Rocksong es vermuten ließen. Das macht nun Jan Plewka in seiner Show im Schauspielhaus deutlich. Ungeheuer zärtlich, liebevoll verkörpert er den zarten, rebellischen Träumer, in dessen gebrochener Stimme, die heiser ihre Sehnsüchte herausschreit, schon der Verlust der Hoffnung mit anklingt. „Der Traum ist aus, aber ich werde alles tun, damit er Wirklichkeit wird.“ Plewka und seine Musiker suchen den Kontakt zum Publikum. Während sie mit Klampfe, Trommelstöcken und Tröte „Der Turm stürzt ein – Halleluja“ intonieren, wandern sie durch die Zuschauerreihen. Hier und da werden die Bierflaschen der Zuschauer kurz zum Trommeln zweckentfremdet, bevor man wieder zur Bühne zurückgekehrt. Es gibt magische Momente innerhalb dieses Abends. Während Plewka seine Band weiterspielen lässt, fängt der Zuschauerblock, der auf der Drehbühne postiert ist, langsam an sich zu drehen. Als er eine Wendung um 180 Grad vollzogen hat, öffnet sich der Bühnenvorhang zum Zuschauerraum. Ganz alleine im leeren, dunstigen, rotangestrahlten steht Plewka hier mit seiner Gitarre und träumt er weiter von seinem Paradies. Jan Plewka erzeugt mit seiner Band „Schwarz-rote Heilsarmee“ eine Stimmung auf der Bühne des Schauspielhauses, die einen auf den Sitzkissen enger zusammenrücken lässt. Als Plewka nach gut einer Stunde verkündet: „Jetzt ist es zu Ende. Ihr dürft aufstehen!“, geht es erst richtig los. Die nun fälligen Zugaben sind fest eingeplant. „Auf dieses Stück freuen wir uns schon den ganzen Abend“, gibt Plewka zu. Auch als die Musiker zu „Es ist vorbei, buy, bye“ winkend sich verabschieden wollen, lassen sie die begeisterten Zuschauer, die sich nun schunkelnd, mitsingend und mitträumend erst richtig eingegroovt haben, immer noch nicht von der Bühne. Plewka nimmt sie einzeln an der Hand und will sie nach draußen begleiten. Doch sie protestieren: „Das ist unser Haus!“, so wie Plewka es ihnen kurz zuvor vorgesungen hat. Das ist ein Abend zum Träumen, zum Schwelgen in einer Welt, die Rio Reiser sich gewünscht hätte. Jeder der Zuschauer träumte gerne mit ihm. Birgit Schmalmack vom 19.5.06
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