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Melissa kriegt alles, DT
Against the record, HAU 1
Manifesto, Harake Dance company
Salon 89, Sophiensäle
Gazino Berlin, Heimathafen
Bridge Markland + Gäste: queens + kings, AHA
Ein Zauberkünstler der Absurditäten
Ich bin ein wenig abgeschweift, entschuldigt sich der Vortragende. Um dann keineswegs seinen vorherigen Gedanken wieder aufzugreifen. Begann er bei den Läusen, so redet er bald von Knöpfen, von der Schädlichkeit des Tabaks oder erläutert seine Sicht auf den Blutkreislauf.
Er ist sich sicher: „Tatsachen sind wichtiger als Haltungen.“ Und Aussagen, die mit genügender Ernsthaftigkeit von einem Menschen in einem Talar vorgetragen werden, werden zu Tatsachen, denen Glauben geschenkt wird. Diesen Effekt macht sich Felix Strasser in seinem Doktorhut und -Gewand zunutze, mag er auch noch so einen Blödsinn im Laufe seines Vortrages erzählen.
Da behauptet er mit Nachdruck und auf die entsprechenden Plakate verweisend, dass die Erde eine Untertasse sei, die auf dem Wasser schwimme. Er erläutert das System und Untersystem der Gegenstände. Wer eine Wohnung besäße, benötige dringend Möbel. Wer einen Beistelltisch hätte, brauche eine Blumenvase, die wiederum Blumen darin erst sinnvoll mache. Viel besser sei doch derjenige dran, der sich von solchen Gesamtsystemen des Besitzes unabhängig mache und einzig und allein Unnötiges wie Schmuck anstrebe, weil es die Unabhängigkeit nie gefährde.
Eine Ausführung über Sekrete im Allgemeinen und Besonderen, die beim Menschen Ekel auslösten, führt ihn zu der Schlussfolgerung , dass auch die Kunst ein Unbehagen auslöse, weil sie ein Sekret des Kopfes sei. Dass das Gehirn im Kopf sitzt, sei übrigens eine irrige Vorstellung, Gedanken würden stattdessen vom Wind herangeblasen
In diesem Programm der Absurditäten versammelt Strasser die großen Namen: Daniil Charms, Monty Python, Hans Arp, Woody Allen, Groucho Marx, Kurt Schwitters, Karl Valentin - sie alle und viele mehr zitiert er, als wäre er ihr Lehrmeister gewesen. Geschickt wechseln Gedankenexperimente, die einen ernsthaften doppelten Boden erkennen lassen, mit absoluten Nonsencepassagen. Der Zuschauer ist ständig versucht, einen Faden zu erhaschen, um sich daran entlang zum Sinn des Gesagten zurückzuhangeln.
Diese absurde Poesie zieht in der Präsentation von Strasser in ihren Bann, weil er sie wie Zauberkunststücke präsentiert. Er zieht die Sätze wie Hasen aus dem Hut. Er zaubert sie aus seinem Jackenärmel, aus dem Haar der Zuschauer oder unter einem Stuhl hervor. Der ganze Abend ist wie eine große Wundertüte, nein vielmehr wie eine Aktentasche voller einzelner Wundertüten, die er für seine Zuschauer ganz persönlich aufreißt. Ein Fest für die Kunst, die Sprache und die Fantasie, dieses Theater in seiner kleinsten und sympathischsten Form, das sein Gastspiel in der intimen Atmosphäre des Berliner Garntheater hatte.
Birgit Schmalmack vom 5.8.15
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